Hoffnung auf Licht

Gloecklerlauf © Steiermark Tourismus www.christianjungwirth.com

In Österreich werden im Winter mehr Bräuche gefeiert als im gesamten restlichen Jahr. Da tummeln sich düstere Gestalten mit gruseligen Masken und Hexen, aber auch Prinzessinnen, Könige und Kasperl. Die Redaktion des Access Guide Magazins hat recherchiert, was zwischen Krampus und Neujahr los wäre, gäbe es keine Pandämie. Aber ein Rück- oder Vorausblick ist auf alle Fälle möglich.

Lange bevor der Fasching mit seiner lustigen Gefolgschaft ins Land zieht, machen sich in Österreich vielerorts Krampus-Perchten auf, um ihr Unwesen zu treiben. Sowohl Krampusse, als auch Perchten sind Gestalten eines überlieferten Brauches aus heidnischer Zeit. Damals hüllte man sich in Masken, im Glauben die bösen Geister des Winters vertreiben zu können. Später gesellte sich dann der Nikolaus dazu und die Krampusse spielen seitdem den dunklen Gegenpart zum Heiligen Mann.

Öblarner Krampusspiel

Die ursprünglichste Form des Krampusspiels wurde in Niederöblarn und Öblarn in der Steiermark auf Bergbauernhöfen rund um den Krampustag aufgeführt. Dabei wechseln sich verschiedene Figuren in spielerischen Szenen ab: Zwei Jäger betreten als Quartiermacher als erste die Stube und holen die Spielerlaubnis beim Hausherrn ein. Als nächster tritt Luzifer mit den beiden Kettenkrampussen auf. In seiner Ansprache belehrt er die Bewohner nicht vom rechten Weg abzukommen, da ihnen sonst die Verdammnis in der Hölle droht.

Danach erscheint der Tod als Kumpan des Teufels mit einer wilden Schar. Im Getümmel schlüpft auch die Habergoas in die Stube. Sie neckt die Bewohner, zieht sie an den Haaren oder versucht Hüte und Hauben zu stehlen. Bevor das Schauspiel eskaliert, betritt der Heilige Nikolaus als Lichtfigur die Stube: Die Teufel werden zurückgedrängt und der Nikolaus beginnt mit der Befragung der Kinder. Die „Braven“ erhalten Nüsse, Mandarinen und Schokolade, die „Schlimmen“ müssen den Raum verlassen. Als Lohn für die Spielerschar gibt es eine zünftige Jause mit Schnaps und Bier. Seit 1989 wird das Volksschauspiel auch auf dem Marktplatz in Öblarn aufgeführt – und gehört seit 2014 zum Immateriellen Kulturerbe Österreichs.

Im Advent gibt es aber auch weniger „wilde“ Winterbräuche, wie etwa das „Schifferlsetzen“ in der Wachau. Der Heilige Nikolaus ist nämlich der Patron der Schiffleute. Ihm zu Ehren setzen Kinder n Spitz an der Donau ihre selbstgebastelten und geweihten Schiffe mit einer Kerze in die Donau – dies soll Glück und Segen bringen. Dass Bräuche nicht „einfach vom Himmel fallen oder aus der „Volksseele“ kommen zeigt der „Adventkranz“. Erfunden wurde er von Johann Hinrich Wichern (1808-1881), dem Begründer der Inneren Mission der Evangelischen Kirche. Bis der Adventkranz im katholischen Österreich ankam, sollte noch rund ein Jahrhundert vergehen. Während der Adventkranz noch immer vorweihnachtlichen Glanz in viele Häuser bringt, ist ein anderer Lichtbrauch hierzulande fast in Vergessenheit geraten. Er war Lucia, der großen Lichterheiligen gewidmet. In der Nacht des 13. Dezembers, dem Gedenktag der frühchristlichen Märtyrerin wurden Weizenkörner in einen Teller gesät in dessen Mitte eine Kerze platziert wurde. Bis Weihnachten wuchsen die Halme etwa 10 cm hoch. Aus dem Schein der Kerze und dem Gedeihen des Lucienweizens zog man Schlüsse auf die kommende Ernte.

Orakelbräuche im Winter

Image by Susanne Jutzeler suju foto from Pixabay

Bild von Susanne Jutzeler suju foto/ Pixabay

Neben dem Luziatag gibt es im Herbst und Winter noch zahlreiche weitere Los- und Orakeltage, an denen ein Blick in die Zukunft möglich ist, sofern man daran glaubt.  Sowohl die Andreasnacht am 30. November, als auch die Thomasnacht am 21. Dezember soll für Liebeszauber geeignet sein. Ähnlich wie am Barbaratag (4. Dezember), schneiden  Paare je einen Obstzweig ab und wässern sie ein. Wenn die Zweige zu Weihnachten blühen, kommt das Paar zusammen. Auch zu Weihnachten wurde früher das Orakel befragt. Der Heilige Abend war nämlich nicht ein Fest für Kinder, sondern vielmehr für Erwachsene. In Wien wurde am Abend des 24. Dezember bis ins 19. Jahrhundert hinein das „Sabbathindl“ gefeiert. Dabei wurde gelacht, gespielt und ab Mitternacht auch gegessen und getrunken, nachdem den ganzen Tag gefastet worden war. Ein beliebtes Spiel dabei war das Nussschalen-Orakel. Dabei schwammen Nussschalen mit Kerzen und Namenszetteln der Anwesenden versehen in einer Wasserschüssel. Stießen zwei Schiffchen zusammen, bedeutete das die Heirat der entsprechenden Personen. Eine Nussschale trug immer den Namen des Pfarrers. Kollidierte dieses dann mit einem anderen Nussschiff, sorgte das zuverlässig für Heiterkeit.

Ein ungewöhnlicher Weihnachtsbrauch, der sich im Lavanttal und im Görtschitztal erhalten hat, ist das „Roateln“. Alles, was eine Schneide hat, wird vor Weihnachten geschärft und am Heiligen Abend unter den weiß gedeckten Tisch gelegt. Darauf stehen ein Reindling, eine Schale Weihwasser und Kerzen. Die Tischbeine werden mit eisernen Ketten umwickelt. So bleibt der Tisch bis zum Neujahrstag stehen. Es ist ein uralter Abwehr- und Bindezauber, der den Bauern Glück und eine gute Ernte bringen soll.

Zwischen Weihnachten und Dreikönigstag sind die zwölf Raunächte.

Image by Free Photos from Pixabay

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Ihnen wird im europäischen Brauchtum seit jeher eine besondere Bedeutung zugemessen. Nach dem Volksglauben zogen sich die stürmischen Mächte der Mittwinterzeit am Ende der Rauhnächte wieder zurück und „die Wilde Jagd“ begab sich zur Ruhe. In der Zeit der Rauhnächte wird deshalb an vielen Orten bis heute die Tradition des „Räucherns“ gepflegt. (Daher haben die Rauhnächte auch ihren Namen). Im Mostviertel wird das Räuchern „Ausrauka“ genannt. Dabei werden Räume und Ställe mit Weihwasser besprengt und mit Weihrauch geräuchert. So sollen böse Geister vertrieben und das Haus und seine Bewohner vor Unglück bewahrt werden. Dieser religiöse Brauch mit heidnischen Wurzeln wird in vier bestimmten „Rauhnächten“ zelebriert: Von 21. auf 22. Dezember (der längsten Nacht des Jahres), von 24. auf 25. Dezember (Christnacht), von 31. Dezember auf 1. Jänner (Silvesternacht) und von 5. auf 6. Jänner (Epiphaniasnacht). In diesen Nächten trägt der Hausherr ein Räuchergefäß, den sogenannten „Ausrauka-Tegl“ mit Holzkohlenglut und Weihrauch, durch sämtliche Wohnräume und Stallungen. Danach wird der „Ausrauka-Tegl“ in der Stube auf einen Stuhl gestellt und die ganze Familie betet 7 „Vater unser“. Die Holzkohlenreste vom Ausräuchern werden am darauffolgenden Tag auf die Felder gestreut. Wer sich Kopfschmerzen für ein ganzes Jahr ersparen will, hält seinen Hut über den duftenden Weihrauch und setzt ihn rasch wieder auf. Die Tradition des Räucherns findet man auch im Salzkammergut oder in Tirol.

Wenn die Geister weichen müssen

In der letzten Raunacht am 5. Jänner sind im steirischen Stainach weiß gekleidete Gestalten mit Glocken und riesigen Lichterkappen unterwegs. Mit dem traditionellen Glöcklerlauf sollen der Winter vertrieben werden. Der Höhepunkt des Laufes ist gegen halb acht Uhr abends, wenn die einzelnen Passen aus allen Teilen der Gemeinde ankommen und den Hauptplatz von Stainach erreichen. Insgesamt etwa 200 Glöckler in fünfzehn verschiedenen Gruppen, deren von innen beleuchteten Lichterkappen einzelne Symbole darstellen (im Bild oben © Steiermark Tourismus / Atelier Jungwirth / Christian Jungwirth), beginnen gemeinsam mit dem Austreiben der Wintergeister. Durch Kreise und Spiralen wird versucht, die überirdischen Mächte für das beginnende Jahr positiv zu stimmen und ein fruchtbares neues Jahr zu erbitten.