Die Kritik des Rechnungshofes an den Sozialversicherungen bestätigt die jahrelangen Forderungen und Appelle des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP) zur Versorgung psychisch erkrankter Patientinnen und Patienten. Der Gesamtvertrag für Psychotherapie, der bereits 1992 zugesagt wurde, sei bis heute nicht abgeschlossen worden. Der ÖBVP zeigte mehrfach auf, dass die Mehrkosten für Krankheitsfolgen aufgrund psychischer Erkrankungen, die unbehandelt bleiben, für Wirtschaft, Staat und Sozialversicherung, stetig steigen. Eine Behandlung ohne Selbstbehalt ist laut ÖBVP bei psychischen Erkrankungen nicht gewährleistet und die Zuschüsse der Sozialversicherungen seien noch immer sehr unterschiedlich. Auch die vom ÖBVP geforderte Gleichsetzung von psychischen und körperlichen Leiden sei noch nicht realisiert. Lange Wartezeiten und Unterversorgung würden aber hohe Folgekosten verursachen.
Aus dem Bericht des Rechnungshofes gehe auch hervor, dass sich durch Investitionen in die psychotherapeutische Versorgung ein maßgeblicher Nutzen in Form von Einsparungen bei Frühpensionen und Krankenstandstagen ergeben würde. Dieses Ergebnis des Rechnungshofes wurde bereits 2017 durch eine Studie von Friedrich Riffer zur „Psychotherapeutischen Versorgungslage in Österreich“ am Beispiel des Psychosomatischen Zentrum Waldviertel bestätigt. Eine bedarfsorientierte Versorgung mit Psychotherapie sei über den Versicherungsauftrag und die humanitäre Notwendigkeit hinaus somit auch wirtschaftlich zu rechtfertigen. „Trotz aller konkreten Vorschläge des ÖBVP, werden die nötigen Maßnahmen nur sehr zögerlich ergriffen.“, bedauert Peter Stippl, Präsident des ÖBVP. Die Studie von Friedrich Riffer zeigt auch auf, dass 59 Prozent der befragten Reha-PatientInnen vor der stationären Behandlung keine kassenfinanzierte Psychotherapie in Anspruch nehmen konnten. Knapp 15 Prozent der Betroffenen, die eine solche in Anspruch genommen haben, mussten länger als sechs Monate darauf warten. Bei bedarfsgerechter psychotherapeutischer Versorgung wäre ein Teil der Reha-Aufenthalte nicht notwendig gewesen.
Besonders bedauerlich sei die unzureichende Verfügbarkeit von kassenfinanzierter Psychotherapie im Anschluss an eine stationäre Behandlung. Untersuchungen haben mehrfach gezeigt, dass ohne eine entsprechende ambulante psychotherapeutische Nachversorgung die positive Wirkung einer stationären Behandlung rasch nachlässt. Der ÖBVP fordert daher, dass insbesondere nach einem stationären Aufenthalt, die Möglichkeit einer „Psychotherapie auf Krankenschein“ sichergestellt wird, damit die Behandlungsergebnisse gesichert und die soziale und berufliche Reintegration der Betroffenen gewährleistet werden kann. Der ÖBVP ist dazu laufend in Kontakt mit den Sozialversicherungen, damit geeignete Maßnahmen zur bedarfsgerechten Versorgung mit Psychotherapie umgesetzt werden können.