Eine Hymne an die Liebe

FRAU STERN © Polyfilm

Frau Stern hat viel gesehen in ihrem Leben. Vieles gelebt und überlebt. Viele Männer hat sie geliebt, ein Restaurant geführt und vor allem: viel geraucht. Frau Stern ist 90 Jahre alt, Jüdin und hat die Nazis überlebt. Liebe, das hat sie gelernt, ist eine Entscheidung. Der Tod genauso. Und so entscheidet Frau Stern, dass es nun an der Zeit ist, aus der Welt zu gehen. Doch der Arzt mag ihr keine Hilfe sein, aus der Badewanne rettet sie ein Räuberpärchen und von den Schienen hilft ihr ein Spaziergänger wieder hoch. Der Einfachheit halber würde die resolute Dame gern an eine Waffe kommen. Enkelin Elli, das „Schätzchen“, könnte wohl am besten helfen, denn sie kennt den coolsten Dealer in Berlin-Neukölln. Doch Elli bringt Frau Stern den Tod nicht näher. Im Gegenteil. Die Liebe zwischen Großmutter und  Enkeltochter ist so innig, dass Frau Stern irgendwie in den Freundeskreis derjungen Frau gerät, ganz selbstverständlich bei Karaoke-Abenden und Theater-Performances mitfeiert und das so natürlich und respektvoll, wie es nur sein kann. Doch bei aller Lebensfreude, die das Berlin-Neukölln der Gegenwart auch versprühen mag – mit ihrer Entscheidung ist Frau Stern letztlich allein. Gleichzeitig mit großem Respekt, viel Wahrhaftigkeit und doch auch mit viel Humor von der letzten Entscheidung eines Menschen zu erzählen, ist nichts weniger als eine hohe Kunst. Anatol Schuster gelingt sie. Jeder Einstellung in seinem Film ist die Liebe für seine Protagonistin, grandios gespielt von Ahuva Sommerfeld.

 

Die Schauspielerin wurde 1937 in Jerusalem in eine große orientalisch-jüdische Familie geboren. Sie erlebte die Staatsgründung Israels als 11-Jährige mit, emanzipierte sich durch Abendgymnasium und Militärdienst von ihren traditionellen Wurzeln und verließ später mit ihrem aus Deutschland stammenden Mann Israel, um mit ihm zunächst mit der gemeinsamen Tochter nach Ostafrika und später nach Deutschland zu ziehen. Hier lebte sie in einer Kleinstadt bei München. Nach dem frühen Tod ihres Mannes engagierte sie sich politisch und sozial, kämpfte nach dem Mauerfall für die Rückübertragung des von den Nazis enteigneten Eigentums der Familie ihres Mannes und arbeitete als Reiseleiterin sowie als Aufnahmeleiterin und Regieassistentin in verschiedenen Filmproduktionen hinter der Kamera. Mit 75 Jahren entschied sie sich für einen Neuanfang in Berlin, wo sie vor allem ihrer Enkelin wegen hinzog. Im Alter von 80 debütierte sie in der Hauptrolle von Anatol Schusters Spielfilm „Frau Stern“, dessen Premiere sie  beim  Filmfestival  Max Öphuls Preis im Januar 2019 noch erlebte. Kurz darauf starb sie im Alter von 81 Jahren. Gemeinsam mit Kara Schröder, die im Film als ihre Enkelin Elli auftritt, wurde sie als beste Darstellerin mit dem „achtung berlin – new berlin film award“ ausgezeichnet. Der Film „Frau Stern“ ist ab 20. September 2019 im Kino. Trailer.