Der Körper als Kunstwerk

Bild von Benjamin Balazs auf Pixabay

Mit 15 Jahren lag ich das erste Mal unter der Nadel. Das war in Deutschland. In Österreich sind Tätowierungen erst ab 16 legal. Mittlerweile habe ich neun Tattoos – Tendenz steigend. Als Jugendliche hat mich der Hintergrund der Tätowierung wenig interessiert. Damals wollte ich einfach ein kreatives, individuelles Andenken an meinen ersten Lebensabschnitt haben. Inzwischen möchte ich ein bisschen mehr über den Körper-Kult erfahren. Was ich recherchiert habe, können Sie hier nachlesen. Von Clarissa Klaissner

„Ich seh mich selbst als lebende Leinwand, die geschmückt gehört“, sagt Emi. Damit ist sie nicht allein. Tattoos sind voll im Trend. Mit ihren 20 Jahren hat Emi bereits 25+ Tattoos. Die vage Zahlenangabe liegt daran, dass für Emi viele Motive bereits so zu ihrem Körper gehören, dass sie manche – besonders kleinere – nicht mehr als Einzelstücke sieht, sondern als ein größeres Gesamtbild. Ihr erstes Tattoo wollte sie sich eigentlich mit 17 Jahren stechen lassen aber „wohl wissend, dass meine Mom ziemlich pissed gewesen wäre, habe ich bis zu meinem 18. Geburtstag gewartet. Eine Woche darauf kam das Nächste“.

 

 

Tattoo © Ute Fuith

Die Designs lässt sie sich ausschließlich für sich selbst stechen. „Das Zitat „What´s normal for the spider is chaos for the fly“ beschreibt sehr schön, dass jedes Individuum eine andere Auffassung von Normalität hat. Deshalb hasse ich es auch wenn Menschen meinen, ich lasse mich modden um quasi Aufmerksamkeit zu erhaschen“, sagt Emi. Sie sieht sich vielmehr als „lebendiges Kunstwerk, das sich ständig verändert und weiter entwickelt.“ Im Vorjahr hat Emi begonnen selbst zu tätowieren. Später einmal will sie gemeinsam mit einer Freundin ein Tattoo Studio eröffnen. Momentan üben die beiden noch am rechten Unterschenkel der jeweils anderen.

Eine Tätowiererin ohne Tattoos

Im Gegensatz zu Emi ist Yoga-Maya bereits eine professionelle Tätowiererin. Die 21-Jährige hatte schon als Kind ein Talent für das Zeichnen. Trotzdem ist sie nicht selbst auf die Idee gekommen, ihr Hobby zum Beruf zu machen: „In dem Umfeld in dem ich aufgewachsen bin, gab es keine tätowierten Menschen. Mit 15 habe ich meine Zeichnungen einem Freund gezeigt und er hat mich gefragt, warum ich nicht tätowiere“. Der Rest ist Geschichte. In den vergangenen Jahren hat Yoga-Maya bereits über 150 Motive unter die Haut gebracht. Ihren eigenen Körper hat sie aber noch nicht mit Tinte geschmückt. „Dafür bin ich zu perfektionistisch veranlagt“, gibt sie zu. Sie wartet noch, dass es „Klick“ macht und sie das ideale Motiv für sich selbst entdeckt. Bis dahin setzt Yoga-Maya die Ideen ihrer Kundinnen und Kunden um. „Es ist spannend, einerseits die Vorstellungen der Kunden umzusetzen und gleichzeitig meinen eigenen Stil einzubringen“, beschreibt die Tattoo-Meisterin.

Lieber ohne Tattoo

Anders als Yoga-Maya und Emi hat Monapat nicht viele, sondern nur ein, einziges Tattoo. „Ich war erst 10 Jahre alt und wollte unbedingt eine Sonne als Tattoo. Das Symbol habe ich mir ausgesucht, weil ich an einem Sonntag geboren bin“, erzählt die 44-Jährige.  Inzwischen gefällt ihr das Tattoo aber nicht mehr. Sie hat auch keine Lust, sich weitere Tattoos stechen zu lassen.

Bild von Pexels auf Pixabay

Kleine Geschichte der Tätowierung

„Eine Tätowierung  ist ein Motiv, das mit Tinte, Pigment oder anderen Farbmitteln in die Haut eingebracht wird“, ist auf Wikipedia zu lesen. Aber wer hatte als Erster die Idee? Tätowierungen finden sich nämlich bei vielen Naturvölkern weltweit. Die älteste bekannte tätowierte Mumie ist circa 7000 Jahre alt und wurde im Norden Chiles gefunden. Die Mumie ist an Händen und Füßen tätowiert. Etwas jünger ist der ungefähr 5200 Jahre alte Ötzi, der in Südtirol gefunden wurde. Seinen Körper zieren über 60 strichförmige Tätowierungen, die auf Akkupunkturpunkten platziert wurden und von denen man annimmt, dass sie zur Schmerztherapie eingesetzt wurden. In der Antike nutzen die Griechen Tattoos zur Kennzeichnung ihrer Sklaven, während die Römer sie zur Kennzeichnung ihrer Legionäre nutzen.

Obwohl das Tätowieren laut Bibel als blasphemischer Akt galt, ließen sich verfolgte und im Untergrund lebende Christen sowie Kreuzritter religiöse Symbole in die Haut ritzen um sicher zu gehen dass sie nach ihrem Tod ein christliches Begräbnis bekommen würden. Nachdem 1890 die erste elektrische Tätowier-Maschine erfunden wurde, schwankte der Fokus des Tattoo Klientels von Kaufläuten und Seefahrern immer mehr auf Adelige über, die bald exklusive Studios eröffnen ließen. Der Tattoo Boom in der Oberschicht verebbte jedoch wieder schnell. Kriminelle Banden, Prostituierte und andere Randgruppen ließen sich bewusst tätowieren um sich von der Gesellschaft abzugrenzen. Mittlerweile sind Tattoos in der Gesellschaft akzeptiert und man kann sie offen tragen. Sie gelten nicht mehr als Zeichen der Ausgrenzung sondern zeichnen die eigene Geschichte und Persönlichkeit kreativ und individuell auf der Haut ab.