Ein aktueller Bericht zum Welt-Psoriasis-Tag am 29. Oktober zeigt ein alarmierendes Ergebnis. Laut österreichweiter Online-Umfrage geht ein Fünftel aller Menschen mit Schuppenflechte (Psoriasis) nicht zum Arzt, darunter auch mittelschwere bis schwere Fälle. Dennoch wünschen sich drei Viertel aller befragten Betroffenen eine dauerhaft reine Haut ohne Juckreiz und Schmerzen. Doch den Glauben an die Machbarkeit haben viele verloren. Aufholbedarf besteht deshalb in der weiteren Aufklärung: Denn mit dem Therapiefortschritt steht heute eine Vielzahl an Behandlungen zur Verfügung. Neueste Biologika können etwa bei Patienten mit mäßigem oder schwerem Erkrankungsverlauf zu einer fast oder komplett von Psoriasis befreiten Haut führen. Die Ergebnisse der Umfrage wurden vergangene Woche gemeinsam mit dem Wiener Psoriasis-Experten Paul Sator, der Grazer Psychologin Doris Wolf sowie Gabriele Schranz von der PSO Austria vorgestellt und diskutiert.
Unangenehmer Juckreiz, lästige Schuppen, ätzend, schmerzvoll und hässlich – das verbinden viele der Befragten mit Psoriasis, so ein Ergebnis der repräsentativen, österreichweiten Online-Umfrage unter 500 Betroffenen und ihren Angehörigen, die vom biopharmazeutischen Unternehmen AbbVie gemeinsam mit der Patientenorganisation PSO Austria initiiert und vom Marktforschungsinstitut GfK durchgeführt wurde. „Wir wollen Menschen mit Schuppenflechte in der Öffentlichkeit eine Stimme geben. Die Umfrageergebnisse zeigen, wie sehr das Leben durch die Erkrankung noch immer bestimmt wird“, unterstrich AbbVie Medical Director Isabella Presch. Denn 54% aller befragten Betroffenen sind in Zeiten von Schüben sehr belastet. Bei Menschen mit mäßigem bis schwerem Verlauf liegt diese Zahl sogar bei 85% beziehungsweise 47% mit mildem Verlauf. In Zeiten von Schüben kann Psoriasis zu einem regelrechten Wechselbad der Gefühle führen: mehr als die Hälfte sind ängstlich, unsicher und verzweifelt. 27% haben sogar schlaflose Nächte.
Schwierigkeiten bei der Berufswahl
Etwa ein Viertel der Betroffenen gibt an, dass Psoriasis wichtige Lebensentscheidungen beeinflusst, so auch beispielsweise die Berufswahl. 13 von 100 Psoriasis-Patienten müssen zumindest einmal im Jahr aufgrund ihrer Erkrankung in den Krankenstand gehen, bei mäßig bis schwer betroffenen Befragten sogar jeder Vierte. 12% glauben, dass sie aufgrund ihrer Psoriasis auch den Job verlieren können. Fast ebenso viele haben sich in der Arbeit schon mal benachteiligt gefühlt. 9 von 100 sehen ihr berufliches Vorankommen durch Psoriasis eingeschränkt. „Trotz des guten Zugangs zu Information und der Verfügbarkeit von wirksamen Therapien sind diese Ergebnisse sehr ernüchternd und zeigen, wie sehr auch das Arbeitsleben beeinträchtigt wird. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um Krankenstände, Benachteiligungen am Arbeitsplatz und fehlende Weiterentwicklung zu verhindern“, stimmt Presch mit den anderen Experten des Mediengesprächs überein.
Knappes Fünftel geht nicht zum Arzt
Ein weiteres alarmierendes Ergebnis zeigt, dass 17% im vergangenen Jahr nicht den Arzt aufsuchten, darunter auch mäßig bis schwer Betroffene. „Der Grund ist oft Frust. Viele gehen aufgrund ihrer Erfahrungen mit bisherigen Behandlungen nicht mehr zum Arzt. Sie haben den Glauben verloren, die richtige Therapie zu finden“, erklärt Gabriele Schranz, Obfrau des Vereins PSO Austria. Ihre Aussage widerspiegelt auch ein zentrales Ergebnis der Umfrage: Demnach stimmt etwa nur die Hälfte der Befragten zu, dass es Therapien gibt, die zu einer dauerhaft schönen Haut führen können. „Mein Appell an Patienten: Sucht einen auf Psoriasis spezialisierten Hautarzt in einer Ordination oder Ambulanz und gebt euch nicht mit weniger zufrieden, als eigentlich möglich wäre“, betont Schranz. Auch Paul Sator, Oberarzt an der Dermatologischen Abteilung am Krankenhaus Hietzing, findet die Ergebnisse bedenklich: „Es ist alarmierend, dass so viele Patienten in Österreich wegen ihrer Schuppenflechte gar nicht zum Arzt gehen, trotz eingeschränkter Lebensqualität. Dabei wissen wir heute sehr viel über Psoriasis. Mit diesem Wissen wurden noch gezieltere Behandlungen entwickelt, auch für mäßig bis schwer betroffene Patienten: Neueste Biologika können bei einem Großteil der Patienten zu einer fast oder komplett von Psoriasis befreiten Haut führen. Das steigert auch die Zufriedenheit und das Wohlbefinden des Patienten.“
Darüber reden hilft
Eine Haut ohne entzündete, schuppende Hautstellen ist Wunsch der meisten Psoriasis-Patienten. Dies bestätigen knapp drei Viertel aller befragten Betroffenen. Für ebenso viele ist die langanhaltende Wirkung ihrer Behandlung entscheidend. Dass keine Nebenwirkungen auftreten, ist zwei Drittel der befragten Betroffenen ein wichtiges Anliegen. Knapp 60% der Befragten wünschen sich eine einfache Handhabung der Therapie im Alltag. In den wenigsten Fällen werden jedoch Erwartungen klar geäußert: Denn nur jeder Zehnte gibt an, gemeinsam mit dem Arzt ein konkretes Behandlungsziel zu verfolgen. Dabei dienen Therapieziele dazu, die Patientenbedürfnisse und Wünsche aufs Papier zu bringen und festzulegen, wie sie auch erreicht werden können: „Therapieziele sind sehr individuell, hängen von der Schwere und dem Ausmaß der Erkrankung ab, von Begleiterkrankungen und der jeweiligen Lebenssituation. Ein offenes Gespräch mit dem Patienten ist eine wichtige Voraussetzung, um Ziele zu definieren und die richtige Therapie zu bestimmen“, so Sator.
Mitreden bei der Therapiewahl
Im Idealfall treffen Arzt und Patient auf Augenhöhe die Therapieentscheidung. In der Realität gibt ein Drittel der Befragten an, in die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung von den Ärzten miteingebunden zu sein. Rund die Hälfte aller Patienten vertraut hingegen auf die Behandlungsempfehlung des Arztes. Um bei der Therapiewahl mitreden zu können, braucht es ein gutes Verständnis über die verfügbaren Behandlungen. 63% der befragten Betroffenen fühlen sich im Schnitt gut oder sehr gut über die verschiedenen Therapien informiert, wobei der Informationsstand zu den einzelnen Behandlungen variiert. „Viele Patienten sind über ihre Erkrankung nicht ausreichend informiert. Daher ist es wichtig, sich Informationen ‚aus erster Hand‘ – vom Hautarzt – zu holen. Wenn die Erkrankung zu sehr belastet und das Gespräch mit dem Partner oder dem besten Freund nicht mehr ausreicht, sollte Hilfe von außenstehenden Profis, wie beispielsweise auf Psoriasis spezialisierte Psychologen, angenommen werden“, sagt die klinische Psychologin Doris Wolf, stellvertretende Leiterin der Fachsektionen Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie im Berufsverband Österreichischer Psychologen (BÖP). 10% der befragten Betroffenen holen sich bereits bei einem Psychologen oder Psychotherapeuten Unterstützung.
Vestecken als Strategie
Die Untersuchungssituation stellt sowohl Arzt als auch Patient vor Herausforderungen. Folglich gab die Hälfte der Befragten an, dass die entzündeten Hautstellen nicht bei jedem Termin untersucht werden. 45% sagen, dass Behandlungsmöglichkeiten verständlich erklärt werden. Etwa genauso viele geben an, dass sich ihr Hautarzt Zeit für Fragen und Anliegen nimmt. „Der Zeitfaktor bei der Untersuchung und dem Gespräch ist für Arzt und Patient eine Herausforderung. Manchmal bleiben nur wenige Minuten. Eine gute Vorbereitung ist deshalb das A und O. Ich empfehle meinen Patienten, Fragen aufzuschreiben und mitzubringen. Beim ersten Besuch ist es wichtig, dass Patienten ihre Vortherapien, allfällige Begleiterkrankungen und Begleitmedikationen mitteilen und dabei die Namen der Medikamente wissen“, erklärt Sator. Psoriasis-Betroffene werden zu „Meistern des Versteckens“ Aufgrund der Sichtbarkeit der Erkrankung meiden 40% Aktivitäten, bei denen die Haut sichtbar ist. Ebenso viele passen den Kleidungsstil an. Bei mäßig bis schwer betroffenen Befragten sind es sogar 60%. Zwei von zehn Betroffenen haben erlebt, dass Menschen ihnen ausweichen. Bei Patienten mit mäßig bis schwerer Erkrankung haben sogar doppelt so viele diese Erfahrung gemacht. Hier sieht Mag. Wolf Handlungsbedarf: „Eine chronische Erkrankung kann die großen Lebensthemen wie beispielsweise Berufswahl, Partnerschaft oder Kinderwunsch zusätzlich erschweren. Eine Hauterkrankung wie Psoriasis ist mit vielen Schamgefühlen verbunden, was zu großer Verunsicherung führt. Jede Erkrankung hat auch einen Einfluss auf die Psyche. Und die Psyche beeinflusst wiederum die Erkrankung selbst sowie deren Bewältigung. Auch wenn es schwer fällt sich jemandem anzuvertrauen: es ist wichtig, sich mitzuteilen und gemeinsam neue Wege zu finden, wie man besser mit der Erkrankung zurechtkommen kann.“
Das Gespräch suchen
Erfreulich ist, dass 85% mit ihren Familien offen über die Erkrankung sprechen können. „Partner, Eltern, Freunde oder Kinder sind eine wichtige Stütze in Hinblick auf die Psoriasis“, erklärt Gabi Schranz, Leiterin der Patientenorganisation PSO Austria, „denn auch sie fühlen genauso mit.“ Das zeigt auch die Umfrage: ein Drittel der Angehörigen empfindet es ebenso belastend, wenn nahestehende Betroffene an schweren Schüben leiden. Auch das Gespräch mit anderen Betroffenen oder Angehörigen kann neue Blickwinkel eröffnen: „Bei der PSO Austria sind Gleichgesinnte unter sich. Der Umgang bei uns ist freundlich und respektvoll. Wir hören zu und wir sind da, wenn es einmal nicht so gut läuft“, betont Schranz. Mehr Information über Angebote der PSO-Austria gibt es hier.