EineR von Fünf

© Sylvia Koechl

Jedes Jahr am 25. November wird der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen begangen. Anlässlich der darauffolgenden „16 Tage gegen Gewalt“ sollte auch dieses Jahr wieder die schon traditionelle Ringvorlesung „Eine von fünf“, organisiert durch den AÖF – Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser und das Zentrum für Gerichtsmedizin der MedUni Wien in Kooperation mit der Volksanwaltschaft, abgehalten werden. Der Fokus ist dieses Mal auf Täter gerichtet – also Männer, die Gewalt gegen Frauen und Kinder ausüben – und dabei im Besonderen auf die opferschutzorientierte Täterarbeit. Aufgrund der Corona-Krise und des neuerlichen Lockdowns muss die Ringvorlesung leider kurzfristig verschoben werden – angedacht ist ein neuer Termin im Frühjahr.

„Die Ringvorlesung „Eine von fünf“ hat das Ziel, die Problematik „häusliche Gewalt“ Studierenden verschiedener Fachrichtungen bestmöglich bewusst zu machen. Vortragende aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen weisen auf das erschreckende Ausmaß von Gewalt hin, um präventiv der Tabuisierung und Verharmlosung des Themas entgegenzuwirken. Gleichzeitig werden den Hörer*innen wirksame Interventionsmöglichkeiten präsentiert. Die Ringvorlesung bietet somit eine erste Anleitung, wie Opfern von häuslicher Gewalt gezielt und effektiv geholfen werden kann.“, so Lehrveranstaltungsleiterin Andrea Berzlanovich vom Zentrum für Gerichtsmedizin der MedUni Wien.

Die Auftaktveranstaltung zu „EineR von fünf“ konnte dennoch online via Livestream aus der Volksanwaltschaftabgehalten werden. Die Festvorträge hielten Mag. Romeo Bissuti vom Gesundheitszentrum MEN und Gerhard Wagner, Msc, Obmann des Vereins HeForShe Vienna, zu den Themen toxische Männlichkeit, gendersensible Gewaltprävention und wie Männer zu mehr gesellschaftlichem Problembewusstsein über Gewalt an Frauen beitragen können. Der neue Spot „Sei nicht so wie ich – Hol dir Hilfe!“ des Vereins AÖF und der Männerberatungsstellen ist auf Youtube abrufbar. Die Auftaktveranstaltung wurde aufgezeichnet, das Video steht hier zur Verfügung.

Dazu Maria Rösslhumer, AÖF-Geschäftsführerin und Leiterin der Frauenhelpline 0800 222 555: „Gewalt an Frauen und Mädchen ist die größte Pandemie schlechthin. Jede dritte Frau wird Opfer von Männergewalt. In Österreich ist es jede 5. Frau. Das sind 20% der weiblichen Bevölkerung. Corona verstärkt diese Situation noch mehr, wie die Zahlen zeigen: Bei der Frauenhelpline sind die Anrufe seit März um 40% gestiegen und die Betretungsverbote haben um 22% zugenommen. Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer noch viel höher ist, weil viele Frauen nicht die Möglichkeit haben dem Gewalttäter zu entfliehen.“

Neue Studie zur Berichterstattung über Gewalt and Frauen

 © Sabine Maier

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Darüber hinaus wurde im Rahmen der Online-Veranstaltung in der Volksanwaltschaft die Studie „Gewalt gegen Frauen – Analyse der Berichterstattung über Gewaltdelikte an Frauen und die Rolle der Medien“ präsentiert. Im Kontext der Information, Aufklärung und Bewusstseinsbildung in einer Gesellschaft spielen Medien eine zentrale Rolle. Sie können und sollten laut Istanbul-Konvention einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung  und damit zur Primärprävention gegen Gewalt an Frauen leisten. Die groß angelegte Medienstudie über ein Jahr in reichweitstarken österreichischen Massenmedien (Kronen Zeitung, Kurier, Standard, Presse, Österreich, Heute inkl. derer Facebook-Kanäle) von MediaAffairs im Auftrag der Volksanwaltschaft und des Vereins AÖF – Autonome Österreichischer Frauenhäuser bestätigt, dass die Thematik aus gesellschaftspolitischer Perspektive medienübergreifend kaum beleuchtet wird. Es sind fast immer Einzelfälle, die im Fokus stehen. Die inhaltliche Auswertung der Medienbeiträge zeigt zudem, dass es insbesondere in den reichweitenstarken Boulevardmedien eine sensiblere, differenziertere und sachlichere Auseinandersetzung mit dem Thema braucht.

„Gewalt an Frauen wird meist erst dann Gegenstand der Berichterstattung, wenn die Gewaltspirale im Mord eskaliert. Die so oft stattfindende Alltagsgewalt an Frauen, insbesondere in den eigenen vier Wänden, wird weitestgehend verschwiegen“, so Studienautorin Maria Pernegger. Die Studie verweist außerdem auf ein deutliches Gefälle zwischen Boulevard- und Qualitätsmedien in der Art und Weise der Berichterstattung: „Sensationslust, Voyeurismus in der Aufbereitung, das Ausschlachten von Stories zulasten der Opfer und Angehörigen haben in der Berichterstattung über Gewalt an Frauen nichts verloren und widersprechen klar den ethischen Maßstäben im Journalismus“, resümiert Pernegger, die dabei besonders das Boulevardblatt „Österreich“ in die Pflicht nimmt. „Medien tragen eine große Verantwortung bei der Berichterstattung über geschlechtsspezifische Gewalt. Daher ist es umso wichtiger, immer wieder aufzuzeigen, dass Gewalt nicht verharmlost und bagatellisiert werden darf, dass Gewalt beim Namen genannt werden muss, es zu keiner Täter-Opfer-Umkehr kommen darf und Opfer nicht beschuldigt werden dürfen“, so Maria Rösslhumer.