Das Wiener Stadt- und Landesarchiv präsentiert regelmäßig digitale Themenschwerpunkte zu Aspekten der Wiener Stadtgeschichte. Aktuell widmet sich das Archiv der Geschichte der Wiener Spitäler vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Die Anfänge des Spitalswesens in Wien reichen bis in das frühe 13. Jahrhundert zurück. Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Spitäler dienten freilich mehr der materiellen und nicht der medizinischen Versorgung alter und gebrechlicher Personen. Unter Kaiser Joseph II. kam es mit der Gründung des Allgemeinen Krankenhauses 1784 zu einer Trennung von Kranken- und Armenversorgung.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich ein Netz von Spitälern über das gesamte Stadtgebiet, doch erst der Fortschritt der Medizin, ein Kommunalisierungsschub im Gesundheitswesen ab den 1920er Jahren und vollends der Aufbau des Sozialstaates ab den 1950er Jahren führte zu einem die gesamte städtische Bevölkerung erfassenden Gesundheitswesen, das in den Wiener Krankenanstalten, nicht zuletzt auch als Forschungsstätten, eine fixe Säule besitzt.
„Gerade in einer Zeit, in der das Gesundheitswesen einer Stadt auf dem Prüfstand steht, wie jetzt während der Pandemie, zeigt sich dessen unschätzbarer Wert. Die Stadt kann sich auf ihr gut ausgebautes und hervorragend ausgestattetes Netz an Gesundheits- und medizinischen Forschungseinrichtungen verlassen. Es war richtig, allen geforderten Sparmaßnahmen zum Trotz, das städtische Gesundheitswesen nicht nur auf höchstem Niveau zu behalten, sondern auch auszubauen“, betont Wiens Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler.
Aufgrund des Umstandes, dass die Geschichte der Wiener Spitäler, Kranken- und Pflegeanstalten von der Entwicklung des Gesundheitswesens und Medizin nicht zu trennen ist, reicht die Palette der Beiträge des Themenschwerpunkts von der Geschichte einzelner Anstalten über den Spitalsbetrieb (Spitalsorganisation und -finanzierung, Spezialisierung, Dokumentation, Pflege im Spital) bis zur Ausbildung des Personals und Funktionswechsel in Kriegszeiten (Kriegsspitäler und -lazarette). Veränderungen im Spitalswesen werden zu jenen der medizinischen Forschung und der Gesundheitspolitik in Beziehung gesetzt. In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle einzelner Reformer näher beleuchtet.
Besonders thematisiert werden auch die mit der NS-Herrschaft verbundenen Folgen für das Gesundheitswesen hinsichtlich Vertreibung und Ermordung jüdischer Ärztinnen und Ärzte, Ausbildung des Personals im Sinn der NS-Rassenideologie und Umsetzung von Euthanasieprogrammen in Wiener Anstalten. Um die stadträumliche Dimension und rezente organisatorische Bezüge herzustellen, erfolgt die Darstellung historischer und aktueller Spitäler auf einer interaktiven Karte.
In den vier Ausstellungsvitrinen des Archivs werden vom 1. März bis 25. Juni 2021 ein Gästebuch und Detailpläne von Krankenanstalten, ein Buch über ungewöhnliche Geburten aus dem Allgemeinen Krankenhaus aus dem Jahr 1846, Krankengeschichten, Unterlagen und Fotos zur Ausbildung von Spitalspersonal und dem Spitalsbetrieb präsentiert. Mehr zum Themenschwerpunkt Wiener Spitäler gibt es hier.