Zu Weihnachten, dem wohl größten, heimischen Fest des Schenkens und Beschenktwerdens, stellt sich oft heraus, dass sich die meisten Herzenswünsche gar nicht kaufen lassen. Diese Erfahrung machten Maxine und Clemens auf unterschiedliche Art und Weise.
Immer wenn Maxine* mit der Frage nach ihren Wünschen konfrontiert wird, weiß sie im ersten Moment nie genau, was sie damit anfangen soll: „Sofort schießen mir viele Gedanken durch den Kopf, zugleich aber auch irgendwie keine. Gedanken wie ,Da sollte man sich doch etwas für`s Allgemeinwohl wünschen‘, aber ,Ich möchte doch auch selbst gleich was davon haben‘. Die Gedanken rasen und ich gehe jede Option durch, die ich greifen kann. Dann verwerfe ich jegliche Gedanken wieder, da ich mir in der Realität eh nichts wünschen könnte.
Also werfe ich meine Fantasie an: Ein kleines Wesen setzt sich auf meine Schulter und fragt mich noch einmal: Du hast drei Wünsche frei, was möchtest du dir wünschen? Dann antworte ich: Als erstes wünsche ich mir, dass ich mich selbst finden kann. Ich möchte wissen, was mir Spaß macht und was mich erfüllt. Ohne nachzudenken, ohne, dass Zeit vergeht. Ohne weitere Anstrengung wie bisher und kein Frust über diese Frage mehr, die mich mein Leben lang schon begleitet. Ich möchte es einfach wissen. Dadurch würde ich schon viel verändern können, was ich mir dann nicht mehr wünschen brauche. Dasselbe wünsche ich mir auch im selben Atemzug für meine Partnerin, denn dieses Thema zieht sie, genauso wie mich, in den Abgrund. Ein Atemzug, ist doch ein Wunsch, oder?!
Mein zweiter Wunsch wäre, dass sich die Menschen mit Toleranz, Rücksicht und Nächstenliebe begegnen würden. Auch ohne Vorurteile, ohne Angst. Keine Gedanken mehr wie ,Werde ich heute wieder gemobbt?‘ und ,Werden mich die Menschen in dem anderen Raum akzeptieren oder nicht‘ oder ,Ist Person XY heute wieder besonders mies drauf und bekomme ich es zu spüren?`. Ich wünsche mir eine Welt, in der es niemand dem anderen unnötig schwer macht. Dieselben Gefühle wie den Menschen sollten wir auch dem Tierreich entgegenbringen. Das wäre mein dritter Wunsch. Tiere sollten gleichwertig sein. Es ist unglaublich schrecklich, was wir den Tieren antun. Nur für unser Vergnügen, Genuss oder Geld. Es wäre eine wunderschöne Welt und viele der heutigen Probleme wären gelöst, wenn der Mensch mehr Rücksicht auf den Planeten seine Lebewesen nehmen würde.
Somit bin ich mit meinem Gedankengang zufrieden, denn ich habe viel für die Welt, als auch für mich gelöst. Und jetzt fliegt das Wesen wieder weg und ich finde es schon sehr schade, dass es nicht wirklich existiert“.
Im Freien. In Freiheit. Im Gelingen.
Clemens* spricht seine Wohltäterin direkt an: „Hey gute Fee, sei doch bitte lieb zu mir – da gibt es in meinem Umfeld Leute, die doch glatt mal so behaupten, ich hätte Wünsche bei Dir frei, drei an der Zahl! Ich möchte Dich aber nicht mit meinen höchst persönlichen Wünschen belästigen, werde also Fragen nach Deinem Aussehen einerseits und ausführlichen Beschreibungen meiner Sehnsucht nach Nähe zu einem Menschen und Zweisamkeit andererseits ausklammern.
Ja also, ich hätte Gusto auf einen Grießpudding – wow, toll, schon da, aber ein Löffel wäre auch ganz nett, auch schon da und eine Prise Zimtzucker auf den Pudding, dann täte er mir so richtig gut schmecken. Mmmmh, sehr fein, danke Dir. Was? Schon drei Wünsche erfüllt, mehr gibt’s nicht von Dir? Echt jetzt? Was, das hätte ich mir besser überlegen sollen mit den drei Wünschen und was meinst Du? Der Rechtsweg ist ausgeschlossen? OK, alles klar, kannst schon weiterfliegen, baba, ich werde das jetzt mal selber in die Hand nehmen … Muss das nächste Mal klar und deutlich Wünsche artikulieren und die persönlichen Grenzen von anderen akzeptieren, auch wenn’s manchmal schwierig ist. Und mir selber von Zeit zu Zeit kleine Wünsche erfüllen. Das würde ich mir wünschen und dem traurigen Kind in mir, dass ich es wieder lachen hören kann. Und das hätte ich selbst in meinen Händen. Vielleicht jeder einzelne, wenigstens ein bisschen. Wir alle können hoffentlich mehr Gespür für unsere Wünsche entwickeln und uns damit Gutes tun. Selber rausgehen und uns sichtbar für andere zu machen. Vielleicht sind wir uns dann letztendlich gegenseitig gute Feen“.
Maxine und Clemens (Namen geändert) sind Teilnehmeri*innen von Eranos, einem Projekt zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen.