Was gibt es Schöneres, als im Schwimmbad, auf der Wiese oder im kühlen Zimmer in einem Buch zu schmökern. Die Redaktion des Access Guide Magazins hat guten Lesestoff für heiße Tage zusammengestellt.
Zurück in die 1980er: In „Unter Wölfen“ erzählt John Wray die Geschichte von drei jungen Menschen, die ihr Interesse an Musik verbindet: Kip Norvald wächst in den späten 1980ern in Venice, Florida, bei seiner Oma auf. Kira Carson lebt im Trailer ihres Vaters, Leslie Vogler, der androgyne Schwarze in Glamklamotten, bei den jüdischen Adoptiveltern. Nichts in ihrem Leben ist gut und einfach. Was sie zusammenbringt, ist Death Metal. Deren reinigende Härte lässt vieles vergessen, Kips psychische Probleme, die Übergriffe von Kiras Vater, Leslies blutiges Gesicht nach einem homophoben Angriff. Die drei wollen nur weg aus dem toten Winkel Floridas, wo es außer Rentnern, Polizisten und Drogenköchen, Sümpfen und Palmen wenig gibt. Und so steigen sie eines Tages ins Auto und verschwinden in Richtung Los Angeles – Hauptstadt des Metal, des Glamrock, der legendären Clubs, in ein Dasein voller Freiheit und Risiko. Der Roman ist eine komplexe Liebesgeschichte, ein Künstlerroman und ein Thriller in einem. Übersetzt wurde das Buch von Bernhard Robben. Rowohlt
Fremder Körper: Deniz Ohde stellt in seinem Roman „Ich stelle mich schlafend“ die Frage, ob es eine Berührung gibt, die den Kern eines Menschen unwiederbringlich verändert: Das Haus, in dem Yasemin bis vor kurzem gelebt hat, steht nicht mehr. Es musste bis auf die Grundmauern abgerissen werden. Von der Wohnung, die sie zuletzt mit ihrem Freund Vito geteilt hat, sind nur Erinnerungen übrig. Die Geschichte der beiden reicht bis in ihre Jugend zurück: Beide wachsen im selben Hochhauskomplex auf, und Yasemin verliebt sich mit dreizehn in den drei Jahre älteren Nachbarn. Von klein auf fasziniert von Glaubensfragen und Spiritualität, versucht sie durch einen Liebeszauber, Vito für sich zu gewinnen. Doch nach einem Sanatoriumsaufenthalt, wo ihre Skoliose behandelt wird, geht sie auf Distanz. Zu fremd ist ihr der eigene Körper, zu groß die Scham wegen ihres Korsetts. Erst zwanzig Jahre später, als die mühsam aufgerichtete Wirbelsäule droht sich wieder zu stauchen, begegnen sie sich erneut. Yasemin hält dieses späte Aufflammen der Jugendliebe für Schicksal. Aber dann zeigt Vito sein Inneres, das bedrohlich ist und leer. Suhrkamp
Deniz Ohde, geboren 1988 in Frankfurt am Main, studierte Germanistik in Leipzig, wo sie heute auch lebt. Für ihren Debütroman Streulicht, der 2020 auf der Spiegel-Bestsellerliste und auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, wurde sie mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung und dem aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet.
Leben als Test: Saša Stanišić führt in seinem Roman „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ an Orte, an denen es auf einmal möglich ist, den schwierigeren Weg zu gehen, eine unübliche Wahl zu treffen oder die eine gute Lüge auszusprechen: So wie die Reinigungskraft, die beschließt, mit einer Bürste aus Ziegenhaar in der Hand, endlich auch das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. So wie der Justiziar, der bereit ist zu betrügen, um endlich gegen seinen achtjährigen Sohn im Memory zu gewinnen. Und so wie der deutsch-bosnische Schriftsteller, der zum ersten Mal nach Helgoland reist, nur um dort festzustellen, dass er schon einmal auf Helgoland gewesen ist. Das Buch erzählt von der Möglicheit, ein Leben probeweise zu erfahren, bevor man es wirklich lebt. Penguin
Saša Stanišić wurde 1978 in Višegrad (Jugoslawien) geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Seine Werke wurden in mehr als vierzig Sprachen übersetzt und viele Male ausgezeichnet. Saša Stanišić lebt und arbeitet in Hamburg. Er ist dort Fußballtrainer einer F-Jugend.
Komödie, Drama und Farce: „Die Perserinnen“ von Sanam Mahloudji beschreiben eine Flucht aus dem Iran und der Kampf um Identität und Anerkennung: Seit 1979, mit dem Sturz des Schahs, sind die Töchter der hochgestellten iranischen Familie Valiat im amerikanischen Exil. Ihre Mutter, die noch immer Heimat, Tradition und Stolz verkörpert, blieb damals allein mit der Enkelin in Iran zurück. Als bei dem alljährlichen Familientreffen in Aspen die Dinge aus dem Ruder laufen und die exaltierte Shirin erst gegen Kaution wieder aus der Arrestzelle entlassen wird, verändert sich etwas in den Frauen, jede muss sich schmerzlichen Fragen stellen: Wie sie zu ihren persischen Wurzeln steht. Und wer sie in Zukunft sein will. Die Exil-Iranerin Sanam Mahloudji stellt in ihrem ersten Roman die Frage „Wie soll man ein Leben führen, wenn man nicht dort ist, wo man hingehört?“. Piper
Sanam Mahloudji wurde in Teheran geboren und wuchs in Los Angeles auf, nachdem sie während der iranischen Revolution in die USA geflohen war. Sie veröffentlichte zahlreiche Essays und Kurzgeschichten u.a. in McSweeney’s Quarterly Concern, im Kenyon Review, Idaho Review, Passages North und anderen literarischen Zeitschriften. 2018 war ihre erste Kurzgeschichte für den PEN/Robert J. Dau Short Story Prize for Emerging Writers nominiert. Eins ihrer Essays fand Eingang in die Anthologie Mothers Before: Stories and Portraits of Our Mothers as We Never Saw Them. Sie lebt heute mit ihrer Familie in London.