Drei von zehn ÖsterreicherInnen halten sich für Burnout-gefährdet. Mobbing am Arbeitsplatz und finanzielle Sorgen werden als besonders belastend empfunden. Dazu kommen Zeitdruck und permanente Erreichbarkeit. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Linzer Marktforschungsinstituts market. Von den 1001 online Befragten schätzen sich 14 Prozent sogar als stark Burnout-gefährdet ein, weitere 17 Prozent orten ein mittleres, persönliches Risiko „auszubrennen“. Als mögliche Auslöser für Burnout nennen bis zu 86 Prozent der Befragten „Mobbing, Geldprobleme, Arbeitslosigkeit, Leistungsdruck, schlechtes Betriebsklima und private Probleme“.
Obwohl das Burnout-Syndrom laut ICD-10, der internationalen Klassifikation für Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation, keine eigenständige psychische Störung, sondern ein „Risikozustand“ ist, leiden immer mehr Menschen darunter. Betroffen sind vor allem „Menschen, bei denen ein Missverhältnis zwischen den persönlichen Zielen und Erwartungen und der nüchternen Realität der täglichen Arbeit besteht“, erklärt Dr. Maryan Czarnecki de Czarnce. Stress sei zwar eine der Kernursachen der Erkrankung, aber „das Ungleichgewicht zwischen Stress und Stressabbau wiegt viel schwerer“, sagt der Psychiater und Burnout-Spezialist.
Ehrgeizige und leistungsorientierte Personen mit einer Neigung zum Perfektionismus seien besonders gefährdet. „Auslöser am Arbeitsplatz sind beispielsweise ein hoher Leistungsdruck, mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte, oder Wettbewerb verbunden mit Zeitdruck. Gehäuft finden sich bei Betroffenen aber auch persönliche Risikomerkmale: hohe Ansprüche, ehrgeizige, fast unrealistische Ziele, die, Unfähigkeit sich zu erholen und fehlende Abgrenzung von Berufs und Privatleben“, beschriebt Czarnecki. Bezüglich des Krankheitsbildes gebe es Überschneidungen von Burnout und Depression: „Vereinfacht gesagt ist Burnout eine Art berufsbedingter Depression“, sagt der Spezialist. Auf jeden Fall sei es ein „Hilferuf von Körper und Seele“. Wichtig sei auch, rechtzeitig vorzubeugen: „Die Anforderungen am Arbeitsplatz sollten der persönlichen Belastbarkeit angepasst sein. Wer seine Eigenständigkeit bewahrt, Wert auf Fairness und Anerkennung legt und sich notfalls auch zur Wehr setzt, kann einem Burnout-Syndrom vorbeugen“, meint Czarnecki.
Volkskrankheit Burnout
Wie viele Menschen mittlerweile an einem Burnout Syndrom leiden, weiß auch Mag. Petra Berlini. „In meiner Praxis sind es mehr als 80 Prozent“, sagt die Psychologin. Wer therapeutische oder ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, hat aber immerhin schon einen wichtigen Schritt in Richtung Gesundung unternommen. „Sehr viele Menschen übersehen nämlich die Warnsignale“. Ein Burnout-Syndrom entstehe über einen langen Zeitraum, häufig schleichend „Zuerst zeigt sich die Erschöpfung meist noch vergleichsweise harmlos durch Schlafstörungen. Dann beginnt der soziale Rückzug von Freunden und Familie. Burnout-Erkrankte leiden auch an Konzentrationsschwierigkeiten und chronischer Reizbarkeit. Die Betroffenen fühlen sich selbst von Routinearbeiten überfordert – am Ende stehen Arbeitsunfähigkeit, totale Erschöpfung und Depression “, beschreibt Berlini.
Hilfe suchen
Eine Therapie kann dabei helfen, die psychische Schieflage wieder ins Gleichgewicht zu bringen. „Das braucht aber Zeit und erfordert Geduld. Gerade Menschen, die vorher täglich unter Strom standen und sich über den Beruf definiert haben, fällt es schwer, sich darauf einzulassen – die wollen so schnell wie möglich wieder funktionieren – das geht aber nicht so schnell“, weiß die Psychologin. „Bei Männern komme noch die Scham dazu: „Sie fühlen sich als Versager. Frauen können sich eher eingestehen, dass etwas nicht stimmt“, sagt Berlini. Tabletten würden lediglich Symptome wie Schlaflosigkeit lindern, aber um eine nachhaltige Veränderung zu erreichen, sei es notwendig, bei sich selbst anzusetzen: „Burnout-Erkrankte müssen oft erst wieder lernen, auf sich zu schauen, also gesund zu essen, sich erholen. Und es ist auch wichtig nach außen zu schauen, Grenzen zu ziehen und „Nein“ sagen zu können.“ In punkto Burnout sind für die Psychologin aber nicht nur ArbeitnehmerInnen gefordert, sondern auch ArbeitgeberInnen: „Ein wertschätzender Führungsstil ist eine gute Burnout-Prophylaxe.“