Wer sich selbst viel Mühe gibt, um das richtige Geschenk für einen Liebsten zu finden, ist maßlos enttäuscht, wenn man selber nur langweilige Socken bekommt. Dabei geht es beim Schenken eigentlich gar nicht so sehr um den materiellen Wert. „Schenken ist eines der wenigen Universale“, schreibt der Soziologe Gerhard Schmied in seinem Buch „Schenken“. Es diene weltweit dazu, Beziehungen zu erhalten und zu stärken. Der Austausch von Gaben sei der Kern des Zusammenlebens und der Beginn von friedlicher Zivilisation. Bevor es ihn gab, nahm sich der Stärkere einfach, was er wollte. Darüber haben Anna, Georg und Juli nachgedacht:
Anna* hält sich zunächst an die Definition des Schenkens im Wörterbuch: „Der Duden schreibt dazu: ,Ein Geschenk ist etwas, was man jemandem schenkt, beziehungsweise von jemandem geschenkt bekommt`. Eine Gabe kann aber auch traurig machen. Mein liebstes Geschenk ist die Gegenwart mit dem DIRMIR. Schenke mir gemeinsame Zeit und sei ganz bei mir. Nein, sei ganz bei Dir und teile Dein Dir mit Mir.
Ich bin ganz bei mir und Du bist ganz bei Dir und gemeinsam sind wir wirklich gegenwärtig, im Fluss der Zeit, im Leben. Das Zitat aus dem Film „Kung Fu-Panda“, in dem Meister Ugwai, dem kleinen dicken Panda die Weisheit mitteilt: ,Yesterday ist history, tomorrow is a mystery. The moment is a gift – that is, why it is called a present`.“
Georg* fällt zum Thema Schenken ein Sprichwort aus Mali ein: „Es sagt ,Niemand macht umsonst ein Geschenk`. Welche Beweggründe gibt es dabei: Ist es der Zwang zur Reziprozität oder Wechselseitigkeit? Was bedeutet es für mich, wenn ich etwas schenke, was bedeutet es für den Beschenkten? Ist es für mich nur Arbeit oder Aufwand oder mache oder besorge ich das Geschenk gerne? Erwarte ich mir Dankbarkeit? Ist es Pflicht, Dankbarkeit zu zeigen? Wie gehe ich damit um, wenn der Beschenkte nicht dankbar ist? Habe ich vielleicht mehr Freude, es selbst zu machen, als es schnell fertig zu kaufen? Ist es angemessen und passend, oder schenke ich nur, damit ich ein Geschenk habe. Wie reagiere ich, wenn es mir nicht gefällt, es nicht passt?“
Juli* wiederum hat den Eindruck, dass: „je älter man wird, es umso schwerer wird, etwas zu schenken. Was schenkt man? Schenkt man um des Schenkens willens oder steckt doch eine gwisse Berechnung dahinter? Was schenkt man generell jemandem, der alles zu haben scheint und dank diveser Onlinehändler nur ein paar Klicks von dem begehrten Etwas entfernt ist? Geld? Zu unpersönlich. Schokolade? Nicht gut, wenn der oder die Beschenkte gerade Diät macht um auf Weihnachtsfotos keinen Keksspeck zu präsentieren. Ich muss an dem Punkt an die Worte meine Mutter denken, die sich statt Geschenken für dieses Jahr nur eines wünscht: Zeit. Zeit mit ihren Kindern, der Familie. Und heutzutage ist das wirklich das wertvollste Geschenk“.
*Anna, Georg und Juli (Namen geändert) sind Teilnehmerinnen von Eranos, einem Projekt zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen.