Gesundheit ohne Barrieren

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Die heurige Jahreskonferenz des österreichischen Behindertenrats widmete sich vergangene Woche dem wichtigen Thema der inklusiven und chancengleichen Gesundheitsversorgung. Im Veranstaltungszentrum Catamaran in Wien wurden gemeinsam Ursachen erörtert und Strategien erarbeitet, damit Menschen mit Behinderungen auf persönlicher Ebene selbstbestimmt im Gesundheitssystem agieren können. Darüber hinaus wurden strukturelle Barrieren aufgezeigt und Verantwortlichkeiten sichtbar gemacht.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Doris Schmidauer: „Wenn wir eine inklusive und chancengerechte Gesundheitsversorgung wollen, dann müssen wir Barrieren auch tatsächlich abbauen. Und wir müssen die Strukturen dafür schaffen, die für alle zugänglich sind“, betonte die österreichische First Lady. Wichtig sei, medizinische Angebote so zu gestalten, dass sie den individuellen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht werden.

Jan Pazourek, Direktor des Dachverbands der Sozialversicherungsträger verwies in seiner Eröffnungsrede, dass die Erreichung einer inklusiven Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen keine Bittsteller sind, das gemeinsame Ziel sei. Die Gastgeberin des Hauses, ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann, unterstrich die Bedeutung einer Gesundheitsversorgung, die für alle Menschen zugänglich und leistbar sein müsse und mahnte ein, dass die Arbeitsbedingungen im Pflege- und Gesundheitsbereich verbessert werden müssen.

Die einzige Europaabgeordnete mit Behinderung, Katrin Langensiepen, schickte ebenso wie Gesundheitsminister Johannes Rauch ihre Eröffnungsworte per Videozuschaltung. Die Keynote hielt Johannes Fellinger, Leiter des Forschungsinstituts für Entwicklungsmedizin an der Johannes Kepler Universität Linz. „Die Übersterblichkeit unter Menschen mit Behinderungen ist tatsächlich ein dramatischer Punkt. Was heißt es, wenn jemand – ohne, dass es sein müsste – früher sterben muss, nur weil seine Beschafffenheit nicht ins System gepasst hat und man einfach nicht darauf eingehen konnte?”, fragte Fellinger, der auch die Gehörlosenambulanz in Linz leitet und sich für die Einbeziehung von behinderungsspezifischen Aspekten in das Medizin-Curriculum starkmacht.

Im Anschluss daran diskutierten die Bundesbehindertenanwältin Christine Steger und der ME/CFS-Spezialist Michael Stingl mit Hanna Mayer, Leiterin des Fachbereichs Pflegewissenschaft an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, Patrick Berger, dem Leiter des ÖGB Chancen Nutzen Büros, und Julia Moser vom Monitoringausschuss zum Thema „Hauptsache xund – überleben in einem kranken System“.

Im Rahmen der zweiten Podiumsdiskussion, die sich dem Thema „Medizin ohne Ableismus – Ursprung und Zukunftsperspektiven“ widmete, tauschten sich die Allgemeinmedizinerin, Aktivistin und Politikerin Mireille Ngosso, die Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie für Arbeitsmedizin und Behindertenvertrauensperson Petra Wegscheider mit Matthäus Fellinger, Vorstand Abteilung Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin mit Sozialpsychiatrie für Menschen mit Behinderung an der Klinik Hietzing, dem Experten für Ableismus und Inklusion Arjun Pfaffstaller und der Erfahrungsexpertin, Peer-Beraterin sowie Aktivistin Oana-Mihaela Iusco aus.

Am Nachmittag fanden parallel vier Sessions statt, in denen unterschiedliche Themen vertiefend beleuchtet wurden. Die erste Session widmete sich der reproduktiven Medizin und wurde von Isabell Naronnig und Lisa Udl vom Verein Ninlil sowie Daniela Dörfler von der Krisenambulanz am Wiener AKH geleitet. Auch die zweite Session mit dem Titel „Baustelle psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ unter der Leitung von Klaus Vavrik, dem ärztlichen Leiter des Ambulatoriums Sonnwendviertel und Oana-Mihaela Iusco fand großen Anklang.

Die dritte Session wurde von Melanie Prehsegger vom Büro der Bundesbehindertenanwältin, Andreas Zehetner und Iris Kopera vom Forum Selbstvertretung sowie Claudia Miler, Ability Managerin bei der Caritas Wien, geleitet und widmete sich der Prävention von Erkrankungen unter den Gesichtspunkten Eigenverantwortung und Barrieren.

Die vierte Session mit dem Titel „Meine Gesundheit – Meine Daten“ fand sowohl vor Ort als auch online statt und wurde von der Inkluencerin Rebekka Pimperl (Rebekkas Leben mit der Glasknochenkrankheit) und Winfried Marek von Saferinternet.at geleitet. Die Inhalte der Konferenz wurden von Petra Plicka illustriert und in Einfacher Sprache zusammengefasst. Darüber hinaus standen persönliche Assistent:innen, eine induktive Höranlage, Dolmetsch in Österreichische Gebärdensprache von Marietta Gravogl und Team sowie Schriftdolmetsch von Gudrun Amtmann und Team zur Verfügung.

Die Konferenz wurde von einer Ausstellung begleitet. Matthias Mollner und Judith Schossböck (Black Ferk Studio), Cornelia Litschauer, Katja Putzer und Tania Pilz sind Künstler:innen, die sich mit dem Thema Behinderung bzw. chronischer Erkrankung in ihrer Kunst auseinandersetzen. Ihre Werke waren im Erdgeschoß ausgestellt, zudem gab es die Möglichkeit, mit den Künstler:innen in Austausch zu treten. Den Livestream der Veranstaltung zum nachsehen gibt es hier.