Die Zero Project Conference zu Barrierefreiheit findet heuer bereits zum neunten Mal statt. Sie ist ein jährlicher Fixpunkt für internationale Organisationen aus allen Bereichen der Gesellschaft, sowie für Expert*innen, die sich mit Inklusion beschäftigen. Ort der Auftaktveranstaltung am 22. Februar war das Parlament in der Hofburg. Eröffnet wurde die Konferenz von Zero Project-Gründer Martin Essl gemeinsam mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.
„Barrierefreiheit ist die Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Damit Menschen mit Behinderung selbstbestimmt leben können, muss der Zugang zu allen Bereichen des täglichen Lebens gewährleistet sein. Ich freue mich, dass das Österreichische Parlament an international bewährten Innovationen Interesse zeigt und sich Abgeordnete aus allen im Parlament vertretenen Parteien einbringen, um an einer Gesellschaft ohne Barrieren mitzuwirken“, sagte Martin Essl. Mit dem Zero-Project-Netzwerk suche man jedes Jahr weltweit nach den innovativsten Ansätzen zur Inklusion, informierte Zero-Project-Initiator Martin Essl. Ziel sei es, die wirkungsstärksten Ideen umzusetzen, um Schritt für Schritt Barrieren aufzulösen. Im Rahmen der Konferenz in der Wiener UNO-City habe man in diesem Jahr insgesamt 76 InnovatorInnen aus 35 Ländern eingeladen, um sich mit EntscheidungsträgerInnen zu vernetzen, so Essl.
„Es gibt weiterhin die Notwendigkeit für den Abbau von Barrieren, sei es im digitalen Raum, in der Politik, in der Arbeitswelt und vor allem in den Köpfen vieler Mitmenschen“, betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Unter dem Titel „Inklusion, Barrierefreiheit, Digitalisierung“ werden bis 25. Februar 2022 Lösungsansätze für eine zukunftsträchtige Gesellschaft, an der Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen teilhaben können, diskutiert. Es sei die Aufgabe des Parlaments, das Bewusstsein für Fragen der Inklusion in der Gesellschaft zu ändern. „Erst wenn Inklusion auf allen Ebenen gelebt wird, können wir zufrieden sein“, so Sobotka. Auch mit der Rückübersiedlung in das sanierte und barrierefrei gestaltete Parlamentsgebäude im Herbst 2022 wolle man dazu beitragen, Politik und demokratische Entscheidungsprozesse für alle zu öffnen.
Hauptredner der Tagung war der Universitätsprofessor und Inklusions-Experte Thomas William Shakespeare. Der britische Soziologe und Bioethiker erörterte in seiner Keynote die Bedeutung der Inklusion von Menschen mit Behinderung für das 21. Jahrhundert. Viele Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind und sein werden, würden sich für Menschen mit Behinderungen auch als Chance erweisen. So habe uns die Digitalisierung die existentielle Notwendigkeit von Innovationsfähigkeit vor Augen geführt. Laut Shakespeare, der auch internationaler Vorsitzender von Licht für die Welt ist, erwies sich das Streben nach der Überwindung körperlicher Einschränkungen als wichtiger Innovationstreiber, wie zahlreichen Erfindungen, etwa das Hörbuch oder das Telefon, demonstrierten.
Österreich müsse größere Schritte in Richtung Inklusion setzen, so Shakespeare. Dies betreffe vor allem das Schulsystem und den Arbeitsmarkt, wo Menschen mit Behinderung vornehmlich in Sonderschulen oder geschützten Werkstätten untergebracht würden. Erfahrungen aus anderen Ländern hätten jedoch gezeigt, dass eine Inklusion in die Mehrheitsgesellschaft vorzuziehen sei. Wie Shakespeare unter Verweis auf zahlreiche klassische Komponisten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen feststellte, stellen Krankheit oder Behinderung kein Hindernis für exzellente Leistungen dar. Inklusion und Barrierefreiheit seien der Schlüssel, um den Betroffenen zu ermöglichen, zum Erfolg und zur Freude aller beizutragen.
Konkrete Lösungen für mehr Barrierefreiheit
Bei der Konferenz wurden fünf internationale Projekte präsentiert, die konkrete Lösungen für mehr Barrierefreiheit bieten, darunter das Online Service für Barrierefreiheit der kroatischen Hauptstadt Zagreb, die in Dänemark entwickelte App „BeMyEyes”“ für blinde und sehbehinderte Menschen, das süd-australische Online Accessibility Toolkit, das einfacheren Zugang zu Online-Angeboten bietet, die Spracherkennungs-Applikation „Voiceitt“ aus Israel, einer Anwendung für Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen und das digitale Musikinstrument „Eye Harp” aus Spanien, das man mit den Augen steuern kann. Die Veranstaltung wurde von ORF-Journalisten Andreas Onea moderiert, die Abschlussworte steuerte Parlamentsdirektor Harald Dossi bei. Die Präsentationen und die Rede von Tom Shakespeare können in der Mediathek des Parlaments nachgesehen werden. Die Zero Project Conference 2022 wird von 23. bis 25. Februar 2022 online übertragen.