Studierende mit Behinderung mit Unternehmen zusammenführen – das ist Ziel des DisAbility Talent Programms der Wiener Unternehmensberatung myAbility. Verantwortlich für das Programm ist Daniel Schörghofer. Im Interview erklärt er, wie die Potenziale von Menschen mit Behinderung genutzt werden können.
Access Guide Magazin: Wie lange gibt es das Talent Programm schon und wie funktioniert es?
Schörghofer: Wir sind mittlerweile im vierten Jahr. Momentan läuft die Bewerbungsphase für 2019. Unsere Zielgruppe sind Studierende oder junge Akademiker mit Behinderung oder einer chronischen Erkrankung. Das sind aktuell etwa 12% der Studierenden. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch höher, weil sich nicht alle outen. Unser Fokus bei den Fachhochschulen und Universitäten liegt auf Wien, Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten. Die Anmeldefrist läuft noch bis zum 17. März. Danach wählen wir die „Talente“ aus, die an dem Programm teilnehmen werden. Wir bieten Einzel-, und Gruppencoachings und entwickeln gemeinsam mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen eine Karrierestrategie, die speziell auf die individuellen Fähigkeiten zugeschnitten ist. Vermittelt werden u.a. Präsentationstechniken, Körpersprache und Kommunikation. Für Menschen mit Behinderung ist es wichtig, die eigenen Bedürfnisse formulieren zu können. Ein weiterer Programmpunkt ist das Job-Sharing. Dabei können die Talente in verschiedene Berufe schnuppern.
Access Guide Magazin: Welche Unternehmen sind bei dem Programm dabei?
Schörghofer: Unsere Partnerunternehmen in Österreich sind Caritas, Air Liquide, Mondi, OeNB, Österreichische Lotterien, PwC, Raiffeisen Bank International, REWE Group, Shire und PremiQaMed. Im vergangenen Dezember sind wir mit dem Talent-Programm auch in Deutschland gestartet. Zu den deutschen Kunden gehören SAP, BASF, Axel Springer, PwC, Robert Koch Institut und Sanofi. Um die Wirksamkeit in Deutschland zu erhöhen, kooperiert myAbility mit dem renommierten Sozialunternehmen Sozialhelden aus Berlin. Das Team rund um den deutschen Menschenrechtsaktivist Raul Krauthausen unterstützt myAbility mit seinem Netzwerk bei der gezielten Ansprache von DisAbility Talents.
Access Guide Magazin: Wie können junge Menschen mit Behinderung bei Unternehmen einen Fuß in die Tür bekommen?
Schörghofer: Beim sogenannten Matching Day können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den verschiedenen Unternehmen austauschen. Das funktioniert wie ein Speed-Dating. Jeder und jede hat 15 Minuten Zeit, sich zu präsentieren. Daraus ergibt sich dann die Möglichkeit, beim Jobsharing, den Mitarbeitern der Unternehmen über die Schulter zu schauen, ein Praktikum zu machen oder sogar einen Job zu finden.
Access Guide Magazin: Wie schaut es mit der Vermittlungsquote aus?
Schörghofer: Im Vorjahr hatten wir 20 Talente im Programm, ein Viertel davon hat eine Arbeitsstelle gefunden und die Hälfte ist nach wie vor in Kontakt mit den Unternehmen. Es ist sehr wichtig, dass Unternehmen unsere Talente kennen lernen. So können Barrieren im Kopf abgebaut werden. Der aktuelle Fachkräftemangel kommt uns auch zugute. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Talent-Programms haben allesamt eine sehr gute Ausbildung und und dadurch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Access Guide Magazin: Welche Hürden gibt es im Bewerbungsprozess und dem Karrierefortschritt und wie können sie überwunden werden?
Schörghofer: Viele Hindernisse werden meist von den Bewerbern selbst kreiert, indem die eigene Behinderung zu einem Riesenthema aufgebauscht wird. Das ist aber meist gar nicht so. Wenn man klar sagt, welche Bedürfnisse man hat, dann können die auch erfüllt werden. Wenn jemand Probleme mit seinem Energielevel hat, dann wird ihm Teilzeitarbeit eher entsprechen. Jemand, der sich mit Menschen schwer tut, wird sich im Home-Office wohler fühlen. Wichtig ist, darüber zu reden.
Access Guide Magazin: Haben Sie best practice-Beispiele aus Österreich?
Schörghofer: Im Vorjahr konnten wir fünf Talente vermitteln, darunter eine Wirtschaftsuniversitäts- Absolventin mit Hörbehinderung, die einen Job bei der Raiffeisen Bank International bekommen hat. Ein Informatiker mit einer chronischen Erkrankung ist nun bei Airliquide angestellt und eine Mikrobiologin mit Hörminderung konnte bei Shire anheuern.
Access Guide Magazin: Danke für das Gespräch.