Ella und Martin waren im Rahmen des Sommerschwerpunkts „Gehen“ im Alsergrund und der Brigittenau unterwegs. Für die beiden Teilnehmer*innen von Eranos, einem Projekt zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen, war der Spaziergang eine kleine Reise in die Vergangenheit. Ella* erzählt: „Gleich nachdem wir bei der Volksoper aus der U6 gestiegen sind, fiel mir ein, dass meine Psychiaterin in der Nähe arbeitet. Der Weg Richtung AKH war nicht so besonders. Wir gingen durch komische, enge Gassen, in denen sehr wenige Menschen unterwegs waren. Wegen des Verkehrs am Gürtel war es auch ziemlich laut. Ich könnte mir nie vorstellen hier zu leben. Beim Anblick vom AKH wurde mir schlecht. Mir fielen ein paar meiner Aufenthalte ein, als es mir sehr schlecht ging. In der Nähe vom Wifi wurde ich traurig, weil ich dort meine Lehrabschlussprüfung hatte und nur einen Teil bestanden habe. Mir fehlt noch der praktische Teil. Ich hoffe, dass es beim nächsten Mal klappt. Auch wenn ich Wien liebe, fühlte ich mich sehr unwohl in diesem Bezirk. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich die Gegend um´s AKH mit meinen Depressionen verbinde. Weil wir mit der Route schon nach zwei Stunden fertig waren, sind wir zur Donau gefahren und haben dort miteinander geredet, gegessen und uns besser kennen gelernt. Wegen meiner Erinnerungen hätte ich lieber eine andere Route gemacht. Wien hat so viele schöne Orte, die angenehmer für den Kopf und schöner für die Augen gewesen wären. Nach der Tour habe ich es umso mehr geschätzt im 10. Bezirk in der Nähe vom Wienerberg zu wohnen, wo es ruhig, angenehm und schön ist. Trotzdem war es schön, etwas draußen unternehmen zu können und ohne Stress und Zeitdruck unterwegs zu sein. Wir haben, so gut es ging, versucht, uns den Tag schön zu machen und ihn zu genießen“.
Martin* erinnerte sich auf dem Spaziergang an das Jahr 2019: „Nachdem ich die Matura abgeschlossen hatte, wollte ich Chemie studieren. Dafür bin ich im Oktober 2019 an die chemische Fakultät gekommen, die direkt in der Nähe der U-Bahn-Station Währinger Straße/Volksoper liegt. Leider habe ich nach nur vier Wochen festgestellt, dass dieses Studium mir nicht liegt, worauf hin ich die Uni wieder verlassen habe. Trotzdem denke ich gerne an diese Zeit zurück. Die Leute, die ich damals kennen lernte, habe ich seitdem leider nicht mehr gesehen. Während wir an der Fakultät entlang gingen, hatte ich viele Erinnerungen an damals: an die ersten Unterrichtseinheiten an der Universität oder die damaligen Spieleabende mit den Studienkollegen. Auf unserer Route sind wir auch an einer Klinik vorbeigekommen, aus der lauter alte Menschen herausgekommen sind, die sich nur schwer bewegen konnten. Von der Spittelau sind wir mit der U-Bahn zum Handelskai gefahren. In der Millenium City haben wir eine neue Fast Food Kette namens ,Five Guys‘ entdeckt, die gab es bislang nur in den USA und Deutschland. Wir haben uns ans Ufer der Donau gesetzt, gegessen und uns gut unterhalten. Der Tag hat mir sehr gut gefallen und ich würde so etwas gerne öfter machen“. Die gesamte Route gibt es hier.
*Namen geändert