Menschen mit Behinderungen sollen regulären Lohn verdienen, statt Taschengeld in Werkstätten zu erhalten. Das ist das Ziel der neuen Förderrichtlinie „Inklusive Arbeit“, die das Sozialministerium am 15. Juli veröffentlicht hat. Das Ministerium stellt bis zum Jahr 2026 insgesamt 36 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung, die Menschen mit hohem oder sehr hohem Unterstützungsbedarf den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen. „Auch Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf ein faires Gehalt und sozialversicherungsrechtliche Absicherung, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Ich bin sehr froh, dass wir dabei auf die Unterstützung der Länder zählen können, die ein Drittel der Projektkosten tragen“, betont Sozialminister Johannes Rauch.
In Österreich sind aktuell rund 28.000 Menschen mit Behinderungen in tagesstrukturellen Einrichtungen beschäftigt, sogenannten Werkstätten. Sie erhalten für ihre Tätigkeit je nach Bundesland zwischen 35 und 100 Euro Taschengeld pro Monat und sind unfallversichert. Während der Bund für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zuständig ist, liegt die Verantwortung für tagesstrukturelle Einrichtungen und deren Vergütungen bei den Ländern. Lohn statt Taschengeld ist das langfristige Ziel inklusiver Beschäftigung. Im Auftrag des Sozialministeriums hat die Wirtschaftsuniversität Wien daher die Kosten einer Umstellung auf „Lohn statt Taschengeld“ in tagesstrukturellen Einrichtungen evaluiert. Auf Basis der Ergebnisse hat das Sozialministerium als ersten wichtigen Schritt eine Förderrichtlinie für Projekte „Inklusiver Arbeit“ erarbeitet, die heute in Kraft getreten ist. Dadurch werden Menschen mit Behinderungen mit hohem und sehr hohem Unterstützungsbedarf beim Übergang in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt. Sie erhalten faire Entlohnung für ihre Arbeit, sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert und haben Anspruch auf eine Pension.
Das Sozialministerium stellt dafür 36 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Drittel der Kosten tragen die Bundesländer. Daher können Projekte mit einem Gesamtvolumen von bis zu 54 Millionen Euro gefördert werden. Zentrale Förderkriterien sind echte Arbeitsverträge, eine Vollversicherung und ein den Lebensunterhalt sicherndes Entgelt. „Die Richtlinie ‚Inklusive Arbeit‘ ist der nächste wichtige Schritt, um Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Besonders wichtig war uns bei der Erarbeitung der Richtlinie die umfangreiche Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen, ganz nach dem Motto: Nichts über uns ohne uns!“, betont Sozialminister Johannes Rauch.
Verschiedene Modelle förderbar
Förderbar sind neue oder bereits bestehende Projekte in allen neun Bundesländern. Dazu zählen: Inklusive Arbeitsmodelle: Menschen mit Behinderungen sind in Unternehmen tätig, in denen der Arbeitsplatz individuell an sie angepasst ist. Für diese Tätigkeit erhalten sie ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Integrative Arbeitsmodelle: Menschen mit Behinderungen werden zwar noch in Einrichtungen betreut oder sind im Rahmen einer gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung tätig. Sie sind aber in Gruppen im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverträgen am regulären Arbeitsmarkt oder etwa bei Gemeindeämtern beschäftigt. Dafür erhalten sie ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Innovative Projekte in bestehenden Strukturen: Menschen mit Behinderungen sind im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverträgen in der Struktur oder Organisation ihrer Einrichtung tätig. Dafür erhalten sie auch ein Entgelt und sind sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Maßgeblich ist jedoch, dass das Projekt organisatorisch und/oder räumlich klar von den sonstigen Bereichen der Einrichtung abgegrenzt ist.
Die Kriterien der Richtlinie wurden gemeinsam mit den Ländern, Trägerorganisationen und Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderungen erarbeitet. Auch der im Sozialministerium angesiedelte Bundesbehindertenrat wurde einbezogen. Zusätzlich werden bei der begleitenden Evaluierung wiederum Organisationen von Menschen mit Behinderungen eingebunden. Besonderes Augenmerk wird auch auf die Einbindung von Menschen mit Behinderung bei der Konzeption und Umsetzung der eingereichten Projekte gelegt. Die Richtlinie „Inklusive Arbeit“ ist unter diesem Link abrufbar.