Wer sich viele US-amerikanische Krimisendungen im Fernsehen ansieht, unterliegt öfter und leichter falschen Wahrnehmungen hinsichtlich der Todesstrafe – und das unabhängig von Alter, Bildung und Geschlecht. Das ist das Ergebnis der Neuauflage einer Medienstudie unter der Leitung von Benedikt Till am Zentrum für Public Health der MedUni Wien. Bei der ersten Studie im Jahr 2016 gaben circa 11% der Befragten auf Fragen zur Todesstrafe Antworten, die darauf schließen lassen, dass fälschlicherweise davon ausgegangen wurde, dass die Todesstrafe in Österreich nach wie vor existiert und praktiziert wird.
Benedikt Till und Thomas Niederkrotenthaler vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien haben gemeinsam mit ihrem Kollegen Florian Arendt von der Universität Wien eine Studie aus dem Jahr 2016 mit einer großen, für die österreichische Bevölkerung repräsentativen Stichprobe wiederholt und es hat sich gezeigt, dass ca. 18% der Befragten mindestens eine der Fragen zur Existenz der Todesstrafe in Österreich (wie z.B. „Wie viele Häftlinge in Österreich, glauben Sie, sitzen derzeit im Todestrakt?“ oder „Wie viele Häftlinge in Österreich, glauben Sie, sind in den letzten 5 Jahren mit der Giftspritze hingerichtet worden?“) falsch beantwortet haben.
Diese Falsch-Annahme bezüglich der Todesstrafe in Österreich war dabei insbesondere auf das Ausmaß des Konsums von US-„Crime Shows“ zurückzuführen. Je größer der Konsum solcher Sendungen bei den Befragten war, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, dass fälschlicherweise geglaubt wurde, dass die Todesstrafe in Österreich praktiziert wird. Dieser Zusammenhang war auch dann gegeben, wenn für Geschlecht, Alter und Bildung kontrolliert wurde, und ist somit nicht auf diese Faktoren zurückzuführen. Fernsehkonsum an und für sich war hingegen – im Gegensatz zur ursprünglichen Studie – nicht mit den Fragen zur Todesstrafe assoziiert. „Der Effekt, dass so eine hohe Zahl der Befragten fehlerhafte Angaben zur Existenz der Todesstrafe macht, ist offenkundig auf den Konsum von US-amerikanischen Filmen und TV-Serien zurückzuführen“, sagt Benedikt Till. In US-amerikanischen Krimis wird das amerikanische Justizsystem, in dem die Todesstrafe einen zentralen Stellenwert einnimmt, porträtiert. In Österreich wird die Todesstrafe hingegen seit den 1950-er Jahren nicht mehr praktiziert.
Diese spezifischen Fragen zur Todesstrafe wurden im Rahmen einer größeren Onlinebefragung gestellt. „Menschen speichern andauernd Informationen ab, auch wenn sie fernsehen. Unglücklicherweise vergisst man aber relativ schnell, woher man diese Information hat. Wer viele US-Serien sieht, speichert zahlreiche Informationen zum Justizsystem und der Anwendung der Todesstrafe in den USA ab“, da kann es dann bei einer Ad-hoc-Befragung zur Todesstrafe in Österreich leicht zu einer temporären Konfusion kommen“, beschreibt Benedikt Till die möglichen zugrundeliegenden Denkvorgänge. Somit könnten die Befragten zu einem späteren Zeitpunkt und in einem anderen Kontext solche Fragen vielleicht auch wieder richtig beantworten. Aufgrund dieser Studie lässt sich auch vermuten, dass auch andere Vorurteile, Mythen und falscher Informationsstand zu anderen Themen – wie etwa zu gesundheitsbezogenen Themen – mit vermehrtem Medienkonsum im Zusammenhang stehen könnte. Mehr zum Thema gibt es hier.