Wege zum Glück

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Das Glück is a Vogerl heißt es im Wienerlied. Schwer zu fangen, aber schnell entflogen. Nach der ultimativen Formel für´s Glücklichsein wird seit Jahrhunderten geforscht. Aber gefunden wurde sie bislang noch nicht.

Die Suche nach Glück ist seit je Thema der unterschiedlichsten Disziplinen. Mittlerweile befassen sich Neurobiologen, Mediziner, Soziologen, Philosophen und Psychologen mit der Materie. Aber ein wirklich wirksames Rezept dafür, wurde noch nicht gefunden. Das mag an der Vielschichtigkeit des Begriffs selbst liegen, die sich im Deutschen bereits bei der grundlegenden Unterscheidung zwischen „Glück haben“ und „glücklich sein“ zeigt. Im Englischen werden dafür übrigens zwei verschiedene Wörter- lucky oder happy -verwendet. Während „Glück haben“ also weitgehend zufällig ist, kann „Glücklich sein“ aktiv angestrebt werden. Davon ist zumindest Christiane Laszlo vom Wiener Institut für experimentelle Glücksforschung/ IFEG überzeugt. Sie vertritt die „Theorie der optimalen Beanspruchung“, die davon ausgeht, dass Glück (auch) durch die bestmögliche Nutzung menschlicher Fähigkeiten entsteht. Positiv beanspruchen kann etwa Arbeit, oder „im Idealfall eine gute Partnerschaft“, meint Laszlo.

Die experimentelle Glücksforschung ist übrigens eine der jüngsten Formen der Glücksforschung. Das IFEG wurde 2002 gegründet und stützt sich auf die Vorarbeit des 2009 verstorbenen Herbert Laszlo, der sich schon seit 1976 systematisch mit den Fragen des Glücklichseins und seiner Ursachen befasste. Laszlo erkannte sehr früh, dass Glück auch in der Wirtschaft eine wichtige Rolle als Steuerungsinstrument spielt. Das war nicht immer so, denn zur Gründerzeit der Ökonomie, Anfang des 18. Jahrhunderts galt die Formel vom „größten Glück der größtmöglichen Zahl“ des schottischen Philosophen Francis Hutcheson. Ein scheinbar einfaches Glücksrezept, durch das in der Folge das Geld zum Maß aller Dinge wurde. Fortan galt: Je mehr ein Mensch verdient, umso besser für ihn. Zählen ist schließlich einfacher, als den Menschen in die Herzen oder Köpfe zu schaun, um herauszufinden, was sie wirklich glücklich macht.

Geld macht nicht glücklich

Für den deutschen Wissenschaftsautor Stefan Klein liegt der Schlüssel zum individuellen Glück darin, selbstbestimmt zu leben. Wem das nicht gelingt, der gerate zudem leichter in gesundheitsschädlichen Stress. In seinem Buch „Die Glücksformel oder wie die guten Gefühle entstehen“ (erschienen 2002) untersucht Klein das Phänomen Glück aus Sicht der Hirnforschung und der Sozialpsychologie. Für Klein gehören Glück, Neugier und Lernen untrennbar zusammen. Er ist überzeugt, dass sich das Gehirn trainieren lässt, um positive Emotionen intensiver und häufiger wahr zu nehmen. Für die Lebenszufriedenheit sind laut Klein darüber hinaus auch soziale Bedingungen förderlich. Ausschlaggebend dafür sind nicht Wohlstand, sondern ein möglichst hohes Maß an Gerechtigkeit und Gemeinschaftssinn.

Der kalifornische Ökonomen Richard Easterlin untersuchte bereits in den 1970er Jahren den Zusammenhang von Einkommen und Glück. Der Wissenschaftler beobachtete über einen Zeitraum von 25 Jahren das subjektive Glücksempfinden in 19 Ländern und fand so heraus, dass Menschen, trotz Einkommenszuwächsen nicht automatisch glücklicher wurden. Dieses Phänomen kennt die Wissenschaft heute als das „Easterlin Paradox“. 2011 stellte Easterlin erneut eine Studie vor, in der seine These bestätigt wurde. Mit seinem Team hatte er die Entwicklung in 37 Ländern über einen Zeitraum von durchschnittlich 22 Jahren untersucht und dabei erstmals auch Entwicklungsländer und osteuropäische Staaten im Übergang zur Marktwirtschaft einbezogen. Easterlins Fazit: „Wenn grundlegende Bedürfnisse gestillt sind, führt mehr Reichtum nicht zu mehr Glück.“

Eine These, die auch der österreichische Sozialoge Ernst Gehmacher bestätigt: „Durch das Streben nach Geld geht das soziale Glück verloren“, meint der Wissenschaftler. Gerade in reichen Ländern, die Vergnügen hauptsächlich im Konsum finden, gingen die „inneren Quellen des Glücks verloren“, so Gehmacher. Es sei ein Tanz ums goldene Kalb. Doch die neuen Götzen, die uns von Werbung und dem gerade angesagtem Lifestyle diktiert werden, stehen auf tönernen Füßen. Das hat nicht zuletzt die Weltfinanzkrise 2008 gezeigt. Dennoch ist es schwierig, Glück zu kategorisieren, denn „dafür haben wir noch keine Maßstäbe entwickelt“, meint der Sozialwissenschaftler. Um das Glück dennoch beschreiben zu können, nennt Gehmacher drei Bereich: „Erstens geht es um Leidvermeidung, zum Beispiel in der Medizin oder bei der Krankenpflege- und betreuung. Dabei sind wir schon ziemlich gut. Des Weiteren steht die Befriedigung unserer Bedürfnisse im Mittelpunkt. Wir sind soziale Wesen, wissen aber vielfach nicht mehr, was Liebe ist. Und drittens brauchen Menschen noch eine innere Entfaltung und Sinnfindung. Das kann sowohl im sozialen, politischen, als auch religiösen Kontext geschehen“, erklärt Gehmacher. Große Revolutionen sind dabei allerdings nicht zu erwarten. „Glücklichsein kann nicht verordnet werden“, ist der Soziologe überzeugt. Er glaubt nicht an die Diktatur des Glücks, sondern an die Kraft kleiner Gruppen. „Hier gibt es noch ein großes Entwicklungspotential. Es gibt substantielle Minderheiten, die das Glück richtig verfolgen.“

Eine durchwegs optimistische Haltung in Bezug auf das Glück vertritt Roland Girtler, obwohl „das eine schwierige Sache ist“. Das Glück ist nach Ansicht Girtlers Situationsabhängig und darüber hinaus relativ. Ein Kranker wird seine Genesung als Glück empfinden, wohingegen ein Gesunder mitunter durch einen Schnupfen aus der Bahn geworfen werden kann. Glück hänge aber auch davon ab, wo ein Mensch seine Ziele sieht und schließlich auch davon, was er sich wünscht. Es sei, „wie in dem Märchen vom Bauernburschen, der unter einem Apfelbaum liegt und auf seine Liebste wartet. Ungeduldig wünscht sich der Bursche, dass sie endlich da wäre, da taucht plötzlich ein Zwerg auf, der dem jungen Mann einen Knopf annäht, an dem er nur drehen braucht, um sich alle Wünsche zu erfüllen, was der Bursche dann auch macht. Kaum ist die Geliebte da, wünschen sie sich einen eigenen Hof, kaum ist der Hof da, wünscht sich das Pärchen Kinder und so weiter und so fort, bis der junge Bauernbursch alt geworden ist und sich nur mehr eines wünscht: Die Zeit zurückzudrehen, weil alles zu schnell gegangen ist und der Mann erkennt, dass das Warten eigentlich schöner gewesen ist, als die allzu schnelle Erfüllung der Wünsche. Aber just in diesem Moment reißt der Knopf ab und der (noch immer) junge Bauernbursche wacht auf. Nun kann er das Warten erst richtig genießen.“ Vielleicht verhält es sich im wirklichen Leben mit dem Glück ja auch so, wie im Märchen.

Zur Philosophie des Glücks

Seit Jahrtausenden grübeln auch Philosophen darüber nach, was den Menschen glücklich macht. Im antiken Griechenland formulierte die Philosophie bereits Richtlinien für ein glückliches Dasein und versuchte objektive Glückskriterien dafür zu finden.

Antike: Einer der erster Philosophen, der sich mit der Erforschung des Glücks beschäftigte, war Aristippos von Kyrene. Er lebte im fünften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung und gilt als Begründer des Hedonismus. Aristippos unterscheidet zwei seelische Zustände, den sanften der Lust und den ungestümen des Schmerzes. Der Weg zum Glück besteht für Aristipp darin, die Lust zu maximieren und den Schmerz zu minimieren. Als eigentlichen Sinn des Lebens nennt Aristipp die körperliche Lust. Platon dagegen, der wie Aristipp, Schüler von Sokrates war, beschrieb die menschliche Seele als dreiteilig, bestehend aus Vernunft, Willen und Begehren. Nach Platons Ansicht ist ein Mensch nur dann glücklich, wenn alle drei Seelenteile im Gleichgewicht sind. Plantons Schüler Aristoteles ging in seiner Definition des Glücks noch weiter, als sein Lehrer. Er behauptete, dass der Mensch zum Glück die Gemeinschaft braucht. Zudem müsse der Mensch aber auch ausreichend mit „äußeren Gütern“ ausgestattet sein und sein ganzes Leben „tugendgemäß“ verbringen. Glück ist für Aristoteles aber nicht nur simples „Wohlergehen“, sondern „tätiges Sein“, das heißt, ein an der Vernunft orientierter menschlicher Lebensvollzug. Glück und Tugend sind für Aristoteles eine Einheit. Ein weiterer wichtiger Glücksphilosoph der Antike ist Epikur. Für ihn besteht Glück im „Freisein von Unlust“. Hauptziel der epikureischen Glücksphilosophie ist die Schmerzvermeidung. Epikur empfiehlt den Weg des kleinen Glücks. Die Vertreter der römischen Stoa, darunter Cicero und Seneca wiederum, lehnten den Epikureismus ab. Sie definierten nicht das Glück, sondern die Tugend als höchstes Lebensziel. Glücklich sein, kann nach Ansicht der Stoiker nur, wer im Einklang mit der Natur lebt und die persönlichen Begehrlichkeiten verdrängt. Glückseligkeit finden die Stoiker in der Freiheit von äußeren Einflüssen.

Mittelalter: Die mittelalterliche, vorwiegend christlich geprägte Philosophie, verfolgt in ihrer Glückskonzeption unterschiedliche Strategien, die aber allesamt auf eine Erfüllung des Glücks im Jenseits zielen. So war Diogenes von Sinope davon überzeugt, dass dauerhaftes Glück auf Erden nicht möglich ist, sondern erst nach dem Tod gefunden werden kann. Ähnliche Vorstellungen findet man auch im Neuen Testament, in dem das Glück erst im Paradies „im Angesicht Gottes“ möglich ist. Im Alten Testament konnte noch im Diesseits mit einem erfüllten Leben gerechnet werden, vorausgesetzt man erfüllte die Gebote Gottes. Im vierten Jahrhundert verfasste Augustinus von Hippo mit „De beata vita“ ein Buch über das Glück des Menschen. Für Augustinus ist die Liebe die wichtigste, menschliche Kraft. Glückseligkeit kann nach Ansicht Augustinus` aber nur in und durch Gott gefunden werden.

Moderne: In der Moderne wurde der Utilitarismus im 19. Jahrhundert, vor allem in der angelsächsischen Welt, zur dominierenden Geistesrichtung. Die Maxime des Utilitarismus lautet: „Handle so, dass das größtmögliche Maß an Glück entsteht!“ Das Glück der Allgemeinheit ist nach Ansicht der Utilitaristen, die Summe allen individuellen Glücks. Als Väter dieser Philosophie des Glücks gelten John Stuart Mill und Jeremy Bentham. Mill vertrat sogar die Ansicht, dass das Prinzip des größten Glücks auch die Grundlage der Moral ist. Die Aufgabe des Staates dabei sei, das maximale Glück für die maximale Zahl an Personen zu erreichen.

Ganz anders als die Utilitaristen, lehnt der deutsche Philosoph Immanuel Kant Glückseligkeit als moralisches Prinzip ab. Für Kant kommt das „Wesentliche alles sittlichen Wertes der Handlungen darauf an, dass das moralische Gesetz unmittelbar den Willen bestimme. Geschieht die Willensbestimmung zwar gemäß dem moralischen Gesetze, aber nur vermittelst eines Gefühls, welcher Art es auch sei, das vorausgesetzt werden muss, damit jedes ein hinreichender Bestimmungsgrund des Willens werde, mithin nicht um des Gesetzes willen; so wird die Handlung zwar Legalität, aber nicht Moralität enthalten.“ Der menschliche Glücksbegriff ist für Kant nicht greifbar, weil zu sehr an vorläufige und individuelle Bedürfnisse gebunden. Kant ersetzt deshalb den Begriff des Glücks durch den der Pflicht. Glück im Leben erlaubt Kant zwar nicht, der Mensch könne sich aber durch „sittliches Handeln des Glücks würdig machen“. Belohnt wird der sittsam lebende Mensch trotzdem erst im Jenseits.

Noch düsterer klingen die Theorien Arthur Schopenhauers. Er war davon überzeugt, „dass irdisches Glücksstreben der angeborene Irrtum des Menschen“ ist. Obwohl Schopenhauers Haltung eine durchwegs pessimistische ist, gibt er dennoch Anleitungen zum Glücklichwerden. Er empfiehlt, die Aufmerksamkeit nicht auf „äußere Güter wie Besitz und Ansehen“ zu richten, sondern sich auf die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit zu konzentrieren. Nach Ansicht Schopenhauers sind die größten Feinde des Glücks Schmerz und Langeweile, wobei letzteres durch „geistigen Reichtum“ bekämpft werden kann.

Friedrich Nietzsche wiederum ging davon aus, dass Glück in jedem Menschen immanent ist. Strenge, moralische Konzepte, wie die Immanuel Kants lehnt Nietsche grundsätzlich ab. Er hielt „Moral für eine Notlüge“ die wir brauchen, „um von ihr nicht zerrissen zu werden“. In seiner „Fröhlichen Wissenschaft“ beschreibt Nietzsche den Weg zum Glück so: „Ein Weiser fragte einen Narren, welches der Weg zum Glück sei. Dieser antwortete ohne Verzug, wie einer, der nach dem Wege zur nächsten Stadt gefragt wird: “Bewundere dich selbst und lebe auf der Gasse!”. “Halt, rief der Weise, du verlangst zu viel, es genügt schon sich selber zu bewundern!” Der Narr entgegnete: “Aber wie kann man beständig bewundern, ohne beständig zu verachten?”

Der britische Philosoph Bertrand Russell beschäftigte sich Anfang des 20. Jahrhundert mit der Frage nach dem Verhältnis der Gesellschaft zum Glück des einzelnen. Er ging davon aus, dass, vorausgesetzt die elementaren, menschlichen Bedürfnisse sind befriedigt, das Glück der meisten Menschen von zwei Dingen abhängt: ihrer Arbeit und ihren sozialen Beziehungen. Für Russell spielt die Gesellschaft eine zentrale Rolle für das Glück ihrer Individuen, denn in einer schlechten Gesellschaft seien die Menschen unglücklicher als in einer mit guter Gesellschaftsordnung. Ein großes Hindernis des menschlichen Glücksstrebens ist nach Russel die Furcht, denn diese spielt im täglichen Leben der meisten Menschen „eine größere Rolle als die Hoffnung“.

Glücksbringer

Wo der Aberglaube im Gemüt blüht, sind auch Glücksbringer schnell zur Hand. Im Mittelalter galten Veilchen als die ersten Glücksboten des Frühlings. Wer drei davon verspeiste, konnte sich das restliche Jahr über vor Krankheit schützen. Ein Klassiker der Glücksbringer ist das vierblättrige Kleeblatt. Der Legende zufolge nahm Eva einen vierblättrigen Klee als Andenken aus dem Paradies mit. Wer heute ein Besitzer vierblättriges Kleeblatt findet, bekommt so auch ein Stück vom Paradies. Reisende bewahrt das Kleeblatt vor Unglück und eingenäht in die Kleidung, soll es sogar vor dem Bösen schützen.

Der Marienkäfer gilt als Himmelsbote der Jungfrau Maria. Er soll Kinder beschützen und Kranken heilen, wenn er ihnen zufliegt. Man darf ihn jedoch niemals abschütteln oder gar töten, weil man sonst das Unglück anzieht. Ebenfalls gepunktet, wie der Marienkäfer, zählt auch der giftige Fliegenpilz zu den Glückssymbolen. Ihm wurde auch wegen seiner psychoaktiven Wirkung immer eine gewisse Nähe zur Hexerei unterstellt.

Dem Hufeisen wird ebenfalls eine glücksbringende Wirkung nachgesagt. Die Bedeutung erlangte es in der Zeit, als Pferde noch wichtiger und teurer Bestandteil des öffentlichen Verkehrs waren. An einem Türbalken befestigt, soll das Hufeisen Haus und Hof beschützen und. bösen Geistern den Zutritt verwehren. An einem Nagel über der Tür aufgehängt soll das Hufeisen dem Teufel auf den Kopf fallen, wenn er in Menschengestalt das Haus betreten will.

Das Schwein war bereits den Germanen ein heiliges Tier. Es stand für Wohlstand und Reichtum und war darüber hinaus ein Symbol für Fruchtbarkeit und Stärke. Bei Wettbewerben im Mittelalter bekam der Letzte als Trostpreis ein Schwein. Er hatte damit das Glück, „Schwein gehabt“ zu haben.

Rauchfangkehrer haben ihre glücksstiftende Bedeutung aus der Zeit, als ihre Arbeit für viele Menschen lebensnotwendig war. Denn ein verstopfter Rauchfang verhinderte Heizen und Kochen. Noch heute soll es Glück bringen, wenn man einem Rauchfangkehrer begegnet.