Jahrzehntelang galten Neurowissenschaften und Künstliche Intelligenz als akademische Kuriositäten. Mittlerweile bekommen diese Forschungsgebiete große, öffentliche Aufmerksamkeit. Die Auswirkungen des technologischen Umschwungs erstrecken sich heute auch auf die Gesellschaft als Ganzes.
Internetgiganten wie Twitter, Facebook, Google oder Apple schaffen immer mehr Stellen für Neurowissenschaftler, um die Entwicklung von künstlicher Intelligenz nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns voranzutreiben. Für den Einzelnen bemerkbarer ist wohl das allgemein vermehrte Bewusstsein für psychische Gesundheit und der anhaltende Trend zur Selbstverbesserung. Apps zur Steigerung des persönlichen Wohlbefindens und Leistungsfähigkeit liegen ebenso im Trend wie kognitives Training. Selbst tragbare, digitale Hardware, von intelligenten Schuheinlagen bis zur Smartwatch, gehört mittlerweile zum Alltag.
Fluch oder Segen
Auch die Möglichkeit einer Behandlung von neurologischen Defiziten oder psychischen Erkrankungen mittels digitalisierten Hirnregionen oder implantierter Computerchips ist in vielen Fällen bereits Realität. Solche technologischen Entwicklungen bringen allerdings auch ernstzunehmende gesellschaftliche Risiken mit sich. Bereits heute setzt die Regierung der Demokratischen Volksrepublik China künstliche Intelligenz zur Überwachung und „Bewertung“ ihrer Bürger ein. Der Umgang mit privaten Informationen in diversen sozialen Netzwerken oder Bonusprogrammen von Konzernen macht besonders die jüngeren Generationen schon zum gläsernen Menschen. Es stellt sich unweigerlich die Frage was passiert, wenn nicht nur unsere Daten, sondern auch unsere Gedanken und Gefühle digital zugänglich werden.
All diese Fragen sind aus der aktuellen Perspektive schwierig oder gar nicht zu beantworten. Nichtsdestotrotz müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass, unabhängig von unserer persönlichen Meinung, viele dieser Veränderungen bereits begonnen haben und zwangsläufig einen starken Einfluss auf jeden von uns haben werden. Jeder von uns sollte Teil eines öffentlichen Diskurs zur Implementierung von Neurowissenschaften und künstlicher Intelligenz im täglichen Leben werden. Nur eine gebildete und informierte Gesellschaft wird fähig sein den nötigen Druck auf Politik und Innovatoren auszuüben, um soziale und ethische Standards zu gewährleisten.
In einer Initiative zum Anstoß einer solchen öffentlichen Debatte bringt The Brainstorms Scientific Firmen, Privatpersonen, Wissenschaftler zusammen. Was als monatliche Serie von Meet-Ups mit wissenschaftlichen Vorträgen begonnen hat, gipfelt Ende September in einem Festival der Neurowissenschaften. Über 30 internationale Forscher, Entwickler und Innovatoren treffen sich mit Gleichgesinnten, um ihre Arbeit zu präsentieren und über aktuelle Entwicklungen und Entdeckungen in der Welt der Neurowissenschaften zu diskutieren.
Ebenso Teil des Programms sind interaktive Workshops zu Themen wie Brain-Computer-Interface oder dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im Kampf gegen den Klimawandel. Für junge Wissenschaftler gibt es außerdem einen Bewerbungsworkshop in welchem mögliche Berufe außerhalb des akademischen Umfelds und die besten Möglichkeiten eines Richtungswechsels hin zu einer Karriere in der Industrie vermittelt werden. Das Brainstormfestival findet am 27. und 28. September 2019 in Wien statt.