Wohin in Wien

ORLANDO © Lalo Jodlbauer

Ausstellungen, Konzerte, Theater oder Film: Die Redaktion des Access Guide Magazins hat sich angeschaut, was im September in der Stadt los ist.

Orlando lebt fast vier Jahrhunderte lang, ist jung, intelligent und gutaussehend. Als aufstrebender Adeliger am Elisabethanischen Hof und Toyboy der Königin verliebt er sich in die Tochter eines russischen Gesandten. Nachdem er von ihr verlassen wird, lässt er sich als Diplomat nach Konstantinopel versetzen. Dort erlebt Orlando einen politischen Aufstand und gerät in eine Trance. Als er aus dieser aufwacht, ist Orlando eine Frau. Diese Überraschung inspiriert dazu, mit Witz und Ironie den wandelnden Zeitgeist, die weiblichen Rollenbilder und die wachsende Zahl möglicher und widersprüchlicher „Ichs“ zu befragen. Virginia Woolf schrieb Orlando als Liebeserklärung an die glamouröse Autorin Vita Sackville-West. Die schwedische Regisseurin Therese Willstedt inszeniert Woolfs niemals alternde fantastische Pseudo-Biografie als Monolog für ein Ensemble, als Spiel der Imagination, als Plädoyer für Grenzenlosigkeit, freie Selbstentfaltung und fluide Identitäten. Zu sehen ist das Stück im Akademietheater.

Open House Team © Marlene Rahmann

Open House Team: Magdalena Zilcher, Barbara LIbert, Christine Lechner, Noa Rinderer (v.l.n.r.) © Marlene Rahmann

Open House Wien öffnet Architektur, die üblicherweise nicht öffentlich zugänglich ist – ohne Anmeldung, kostenlos und für alle. Während des Architekturfestivals können Interessierte zwei Tage lang im Rahmen von Führungen Gebäude besichtigen und dabei die Stadt (neu) entdecken. Am 14. und 15. September warten 55 Gebäude/Standorte auf Besucher:innen. Dieses Jahr mit dabei sind u.a. das denkmalgeschützte Kipferlhaus hinter dem Stephansdom, dessen Wurzeln bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen, die Freie Mitte im 2. Bezirk, einem Stück Wildnis in der dicht verbauten Stadt oder die Notschlafstelle Gruft in der Barnabitengasse. Der Schwimmverein Donaukanal lädt zum „Swim Stop“ am Sophiengarten und der gemeinnützige Kulturverein Kollektiv Kaorle stellt sein neues Projekt „Ein Lido für Ottakring“ vor, einen Ort für Kreativität und vielfältige Kulturprogramme.

© Jürgen Baldiga

Entsichertes Herz © Jürgen Baldiga

In der Wiener Kinonacht am 14. September laden zahlreiche Wiener Kinos zu Vorstellungen ab 22.00 Uhr um jeweils fünf Euro ein. Das Admiral Kino zeigt „Veni Vidi Vici“, das Burg Kino „Revenge“, das Cine Center „A Clockwork Orange“ und „Dream Scenario“, das Filmcasino „Trainspotting“, das Gartenbaukino „X: The Man with X-Ray Eyes“, das Village Cinema Wien Mitte „Deadpool & Wolverine“, „Beetlejuice Beetlejuice“, „Nur noch ein einziges Mal – It ends with us“ und „Blink Twice“ und das Votiv Kino & De France „Night on Earth“, „Twilight“ oder „Lost Highway“. Im Votiv Kino & De France feiert außerdem das Queerfilmfestival von 5. bis 12. September eine ganze Woche lang die Vielfalt des queeren Kinos. Gezeigt werden 24 herausragende Langfilme und ein Kurzfilm des nicht-heteronormativen Weltkinos, wie z.B. Baldiga. Entsichertes Herz. Eine kleine Retrospektive zum queeren kanadischen Kultregisseur Bruce LaBruce ergänzt das heurige Programm.

55 Phaces aquarelle, oil pastel crayon 2024©Nicola Heißig

Phaces © Nicola Heißig

Die Wandelbarkeit der Realität: Nicola Heißigs Aufmerksamkeit gilt dem Unsichtbaren, dem nicht Greifbaren zwischen Entitäten – der Beziehung. In welcher Relation das Seiende zu sich selbst steht, welche unglaublichen Auswirkungen ein geglaubtes Narrativ auf die eigene Wahrnehmung hat und was es ist, das echte Verbindung schafft, sind Themengebiete, denen er sich in seiner Malerei widmet. Seine Werkserie „Phaces“ dokumentiert die Entwicklung eines elfwöchigen Projekts. Täglich hat Heißig ein Gesicht zum Thema Grenzaufhebung gemalt und diese Einzelarbeiten als Installation in einen zeitlichen Zusammenhang gebracht. Er arbeitet mit Tusche, Kugelschreiber, Ölkreide-Buntstift, Tuschestift, Aquarell, Acryl und Öl auf Leinwand und Papier. Zu sehen sind seine Bilder in den Förderateliers des Bundesministeriums für Kunst (BMKÖS), 1170 Wien, Wattgasse 56-60, 3. Stock, Atelier 13. Vernissage: 19.9. von 18 bis 22 Uhr. 20.9: 18 bis 22 Uhr. Finissage: 21.09.: 15 bis 21 Uhr.

Weinender Amor© Tim Tom

Weinender Amor © Tim Tom

Kaum ein Vergnügungspark ist so stark mit der städtischen Identität verbunden wie der „Wurstelprater“ mit Wien. Vor mehr als 250 Jahren wurden die ersten Vergnügungen angeboten. Bis heute ist er eine der beliebtesten Freizeitattraktionen der Stadt. Das Pratermuseum lässt die Geschichte dieser Wiener Institution hochleben. Zu sehen sind bekannte und neue Highlights des Praterversiums: vom Watschenmann, dem lebensgroßen Braunbären aus der Schießbude, der nackten Venus aus dem Wachsfigurenkabinett, dem Heiratsvermittlungsautomaten aus der Zeit um 1900 bis zum Ringelspielbaum in der Figur der Fortuna. Wie kein anderer Ort in Wien haben sich der Grüne Prater und der Wurstelprater in der Malerei, der Musik, der Literatur, der Fotografie oder im Film verewigt. Das Spektrum reicht von Mozarts frechem Kanon „Gehn wir im Prater, gehn wir in d´Hetz“ bis zu Josef Haders „Wilde Maus“, von den beeindruckenden Fotografien der Wiener Weltausstellung 1873 bis zu den berühmten Pratertexten von Stifter, Schnitzler, Altenberg oder Jelinek.