Ausstellungen, Konzerte, Theater oder Film: Die Redaktion des Access Guide Magazins hat sich angeschaut, was im Oktober in der Stadt los ist.
Ode an die Kindheit. Drei Jahre begleitete Ruth Beckermann eine Klasse von Schüler:innen im Alter von sieben bis zehn Jahren und ihre engagierte Lehrerin in einer großen Volksschule im Wiener Bezirk Favoriten, einem ethnisch vielfältigen, ehemaligen Arbeiterbezirk, der medial oft auch als „gefährlichster Bezirk von Wien“ gehandelt wird. Mehr als sechzig Prozent der Wiener Volksschüler benutzen Deutsch nicht als Erstsprache, und das System leidet unter akutem Lehrer:innenmangel. Obwohl diese Probleme im Film deutlich präsent sind, werden sie in „Favoriten“ nicht frontal angesprochen. Stattdessen lernt man die Kinder als Individuen kennen, wie sie in der Zeit bis zu ihrem letzten Grundschuljahr lernen, wachsen und sich entwickeln.
Im Film taucht das Publikum unmittelbar in die Realität der Schüler:innen ein, indem aus deren Augenhöhe gefilmt wird. Die Kameraarbeit von Johannes Hammel liefert Porträts sowohl im als auch außerhalb des Klassenzimmers und lässt Beid, Hafsa, Melissa, Manessa, Mohammad und ihre Klassenkamerad:innen im wahrsten Sinne des Wortes zu Co-Autor:innen des Films werden: Mit Kameras in den Händen drehen die Schüler:innen ihr eigenes, filterloses Material, das in den Film einbezogen wird. Der Film zeigt die täglichen Abenteuer, Kämpfe, Niederlagen und Siege der Kindheit in einem Mikrokosmos der heutigen westeuropäischen Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die mit Identitäts- und Migrationsfragen zu kämpfen hat, welche durch Diskussionen über Religion, Geflüchtete oder Geschlechtergerechtigkeit von den Schüler:innen direkt angesprochen werden. Zu sehen ist der Film in verschiedenen Kinos in Wien. Trailer
Laut und schnell. Christeene ist ein roher Geist aus wilder Musik und unverhohlener Sexualität. Berichte von Live-Shows beschreiben verstörende Choreografien, makabre Szenen und Outfits, die aus vergessenen Resten der Gesellschaft benutzt und gestylt wurden sowie hitzige Predigten über den Zustand der Welt. Die Künstlerin hat mit zahlreichen renommierten Musikern zusammengearbeitet, darunter Faith No More, Peaches, Fever Ray, John Grant, Kembra Pfahler, Suicide, Roddy Bottum, Tribe 8, Narcissister, Marc Almond, Bronski Beat und Justin Vivian Bond. Zu ihren langjährigen Kollaborateuren zählen der preisgekrönte Filmemacher PJ Raval sowie der legendäre Modedesigner Rick Owens und die Künstlerin Michèle Lamy. Christeene wurde von Jürgen Teller, Katerina Jebb, Matt Lambert und Wolfgang Tillmans fotografiert und in Magazinen wie anOther, Noisey, Dazed, Art Forum, Spin, Vice, Numero, The New Yorker, Interview und Man About Town präsentiert. Am 29. Oktober gibt Christeene ein Konzert in der Roten Bar im Volkstheater.
100 Jahre Radio. Der Start des offiziellen Radiobetriebs in Österreich am 1. Oktober 1924 markierte den Beginn eines neuen Zeitalters der Kommunikation. Innerhalb weniger Monate entwickelte sich das Radio zum ersten elektronischen Massenmedium, das die Menschen landesweit begeisterte. Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wie das Radio trotz technischer Herausforderungen und gesellschaftlicher Umbrüche seinen festen Platz im Alltag der Menschen fand. Die Sonderausstellung „100 Jahre Radio“ im Technischen Museum Wien feiert ein Jahrhundert Radiogeschichte in Österreich. Vom 6. Oktober 2024 bis zum 2. September 2025 können Besucher:innen auf 800 m2 die faszinierende Entwicklung des Radios erleben – von den ersten Sendeversuchen bis hin zu den neuesten digitalen Radiotechnologien. Begleitend zur Ausstellung gibt es eine umfangreiche Online-Ausstellung der Österreichischen Mediathek, die zusätzlich vertiefende Informationen und Hörbeispiele aus Alltag, Politik und Kultur bietet.
Von der Arbeiterin zur Rädelsführerin. Seit 18 Jahren bringt das Portraitheater außergewöhnliche Frauen auf die Bühne und macht ihr Werk und Wirken für das Publikum erlebbar. Im aktuellen Stück „Maria Emhart – Rädelsführerin im Kampf für die Demokratie“ schlüpft die Schauspielerin Anita Zieher in der Regie von Margit Mezgolich in die Rolle der mutigen Politikerin. Sie kämpfte bei den Februarkämpfen 1934 in St. Pölten und während der Zeit des Austrofaschismus für Freiheit und Demokratie und entging nur knapp dem Todesurteil entging. 1946 wurde sie in Bischofshofen zur ersten Vizebürgermeisterin Österreichs gewählt und war viele Jahre Abgeordnete im Salzburger Landtag und im Nationalrat. Bereits als junge Arbeiterin in der Glanzstofffabrik in St. Pölten begann Maria Emhart sich politisch zu engagieren und war ab 1932 Mitglied des Gemeinderats in St. Pölten. Nach der Demontage der Demokratie unter Kanzler Engelbert Dollfuß blieb sie im Untergrund weiter politisch aktiv. Infolge ihrer führenden Rolle während der Februarkämpfe 1934 wurde sie verhaftet, mangels Beweise jedoch freigesprochen. Danach übernahm sie für die illegalen Revolutionären Sozialisten wichtige Aufgaben in Niederösterreich und wurde erneut verhaftet. 1936 war sie neben Bruno Kreisky eine der Hauptangeklagten beim „Großen Sozialistenprozess“, für sie war die Todesstrafe beantragt.
Als nach ihrer Freilassung aufflog, dass sie und ihr Mann sich nur zum Schein hatten scheiden lassen, wurde der Eisenbahner strafversetzt an den Standort Bischofshofen. Maria Emhart arbeitete dort gleich nach Kriegsende am Wiederaufbau in der Gemeinde und im Land Salzburg mit. 1946 wurde sie zur ersten Vizebürgermeisterin in Österreich gewählt und übte dieses Amt mehr als 20 Jahre lang aus. Daneben war sie viele Jahre Abgeordnete im Salzburger Landtag sowie Nationalratsabgeordnete. Zu sehen im Oktober und November im Theater Drachengasse.